Notverwaltung für Eigentümergemeinschaft: Was müssen Eigentümer wissen? (WEG-Reform 2020)

Notverwaltung für Eigentümergemeinschaft: Was müssen Eigentümer wissen? (WEG-Reform 2020)

Manche Wohnungseigentümergemeinschaften haben Probleme mit der Verwaltung ihrer Liegenschaft. So kommt es vor, dass die Wohnungseigentümer sich über keinen (neuen) Verwalter einigen können oder der amtierende Verwalter seinen Pflichten nicht bzw. nur unzureichend nachkommt. In diesen Fällen kommt die Einsetzung eines sogenannten Notverwalters in Betracht, also die gerichtliche Bestellungeiner natürlichen oder juristischen Person, die die Verwaltung der Wohnanlage übernimmt. Soll eine gerichtliche Verwalterbestellung erfolgen, sind jedoch einige Voraussetzungen zu beachten. Was Eigentümer zur Notverwaltung für die Eigentümergemeinschaft wissen müssen, erfahren Sie hier.

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1. Jeder Eigentümer kann die Bestellung eines Verwalters verlangen

Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegt der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, wobei jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung hat, § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Damit hat auch jeder einzelne Eigentümer Anspruch auf die Bestellung eines Verwalters als Bestandteil ordnungsmäßiger Verwaltung. Den Anspruch auf die Bestellung eines Verwalters kann jeder Eigentümer notfalls gerichtlich durchsetzen. Das gilt auch nach der am 01.12.2020 in Kraft getretenen WEG-Reform in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die nur aus zwei Parteien besteht (Landgericht (LG) Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.05.2022, Az.: 2-13 T 26/22).

Von dem Anspruch erfasst sind damit insbesondere die Fälle, in denen

  • der amtierende Verwalter etwa aufgrund der Zerstrittenheit der Eigentümergemeinschaft sein Amt niederlegt oder sich nicht mehr zur Wiederwahl stellt und kein neuer Verwalter bestellt wird
  • die Eigentümer sich nicht mehrheitlich auf einen Verwalter einigen können, wozu auch die Situation gehört, dass einzelne Eigentümer einen Verwalter wünschen und die anderen das Objekt selbst verwalten wollen
  • der aktuelle Verwalter seinen gesetzlichen und vertraglichen Pflichten nicht oder nur unzureichend nachkommt

Der Anspruch eines jeden Eigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung verjährt nicht (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 27.04.2012, Az.: V ZR 177/11). Ebenso kann der Anspruch nicht verwirken (AG Delbrück, Urteil vom 25.10.2019, Az.: 2 C 283/18). Daher besteht der Anspruch auf Bestellung eines Verwalters auch, wenn etwa seit über 20 Jahren eine Eigentümergemeinschaft selbst verwaltet wurde (LG Hamburg, Urteil vom 23.05.2012, Az.: 318 S 198/11).

Seit dem 01.12.2023 kann grundsätzlich nur noch die Bestellung eines zertifizierten Verwalters verlangt werden, §§19 Abs. 2 Nr. 6, 26a, 48 Abs. 4 Satz 1 WEG. Zertifiziert ist der Verwalter, der vor einer Industrie- und Handelskammer durch eine Prüfung nachgewiesen hat, dass er über die für das Verwalteramt notwendigen rechtlichen, kaufmännischen und technischen Kenntnisse verfügt.

2. Beschlussersetzungsklage: Der Weg zum gerichtlichen bestellten Verwalter

Eine „Notverwalter-Bestellung“ gibt es bereits seit der vorletzten WEG-Reform im Jahr 2007 und dem Wegfall des Amtsermittlungsgrundsatzes, wonach das Gericht die entscheidungserheblichen Tatsachen von sich aus ermittelt, nicht mehr. Allerdings kann der Anspruch auf die Bestellung eines Verwalters mit einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG beim zuständigen Gericht durchgesetzt werden, also beim Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück der Eigentümergemeinschaft liegt. Das Gericht fasst dann den Beschluss über die Verwalterbestellung, wodurch die ansonsten erforderliche Beschlussfassung der Eigentümer ersetzt wird. Mit dem daraufhin vom Gericht bestellten Verwalter ist der sogenannte Notverwalter bzw. die Notverwaltung gemeint.

Die Möglichkeit zur gerichtlichen Bestellung eines Verwalters besteht jedoch nur, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehört zum einen das Vorbefassungsgebot, wonach vor der Klageeinreichung ein Wohnungseigentümer versucht haben muss, die übrigen Eigentümer zu einem Beschluss über eine Verwalterbestellung zu bewegen. Zum anderen muss der klagende Wohnungseigentümer den Beibringungsgrundsatz beachten, also alle für die gerichtliche Entscheidung relevanten Tatsachen beibringen.

Aufgrund des Vorbefassungsgebots ist es erforderlich, dass sich die übrigen Eigentümer vor Klageeinreichung mit dem Begehren des betreffenden Wohnungseigentümers auf Bestellung eines Verwalters befasst haben. Regelmäßig findet dazu eine Eigentümerversammlung statt, in der ein Verwalter durch Beschluss der Eigentümer bestellt wird. Kommt es auf der Eigentümerversammlung nicht zur Bestellung eines Verwalters, ist der Weg für eine Beschlussersetzungsklage grundsätzlich frei.

Der eine Verwalterbestellung begehrende Wohnungseigentümer muss daher grundsätzlich erst versuchen, eine Eigentümerversammlung herbeizuführen. Existiert

  • kein Verwalter verweigert der Verwalter pflichtwidrig die Einberufung einer Eigentümerversammlung sowie
  • kein Verwaltungsbeirat verweigert der Beirat pflichtwidrig die Einberufung einer Eigentümerversammlung und
  • ist auch kein Wohnungseigentümer zur Einberufung von Eigentümerversammlungen durch Beschluss nach § 24 Abs. 3 WEG ermächtigt,

kann der betreffende Wohnungseigentümer probieren, eine Vollversammlung zu initiieren oder sich durch einen Umlaufbeschluss zur Versammlungsberufung ermächtigen zu lassen.

Um eine Vollversammlung zu initiieren, kommt ein Anschreiben an die übrigen Eigentümer oder ein Anruf bei diesen in Betracht, so dass sich alle zu der Vollversammlung verabreden. Durch einen Umlaufbeschluss nach § 23 Abs. 3 WEG zur Versammlungsberufung ermächtigen lassen kann sich der betreffende Wohnungseigentümer, in dem er mit einem Rundschreiben an die übrigen Eigentümer deren Einverständnis zur Versammlungseinberufung einholt.

Alternativ kann der betreffende Wohnungseigentümer auch mittels eines Umlaufbeschlusses versuchen, einen Verwalter zu bestellen. Wichtig dabei ist, dass den Schreiben an die übrigen Eigentümer mindestens drei Angebote von verschiedenen Hausverwaltungen beigefügt sind (BGH, Urteil vom 01.04.2011, Az.: V ZR 96/10). Problematisch dabei ist, inwieweit die Eigentümer ausreichend Zeit haben, sich mit den Angeboten zu befassen.

Scheitert eine Kommunikation der Eigentümergemeinschaft an ihrer Zerstrittenheit (was speziell bei Zweiergemeinschaften häufig der Fall ist) oder stellt sich die Mehrheit der Eigentümer gegen die Bestellung eines Verwalters oder aber wird eine Patt-Situation bei einer Abstimmung über die Verwalterbestellung bestehen, kann eine Vorbefassung mit der Frage der Verwalterbestellung insbesondere auf einer Eigentümerversammlung entbehrlich sein. In der Beschlussersetzungsklage ist ein solcher Sachverhalt allerdings vorzutragen und unter Beweis zu stellen.

Zu einem rechtswirksamen Umlaufbeschluss ist die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erforderlich (sogenannte Allstimmigkeit).

Zu den entscheidungsrelevanten Tatsachen, die der einen Verwalter begehrende Wohnungseigentümer im Beschlussersetzungsverfahren beibringen muss, hat sich das LG Frankfurt am Main ausführlich geäußert (Beschluss vom 10.05.2022, Az.: 2-13 T 26/22). Danach hat der auf eine Verwalterbestellung klagende Eigentümer aufgrund des Beibringungsgrundsatzes dem Gericht folgendes mitzuteilen:

  • Name und Anschrift eines Verwalters
  • Konditionen des Verwaltervertrags
  • Zustimmung des Verwalters zur Übernahme der Verwaltung
  • Nachweis der Zertifizierung des Verwalters

Dabei reicht es aus, wenn dem Gericht mindestens ein konkretes Angebot eines Verwalters vorgelegt wird. Werden mehrere Angebote beigebracht, hat das Gericht bei der Bestellung des Verwalters ein Auswahlermessen.

Es ist also nicht Aufgabe des Gerichts, sich um einen Verwalter zu kümmern oder zu prüfen, ob dieser zur Übernahme der Verwaltung bereit ist. Vielmehr ist dies Sache der Eigentümer bzw. des einen Verwalter begehrenden Wohnungseigentümers. Legt also etwa der amtierende Verwalter sein Amt nieder oder stellt sich nicht mehr zur Wiederwahl und die Eigentümer finden keinen neuen Verwalter, läuft eine Beschlussersetzungsklage auf Verwalterbestellung ins Leere. Denn dem Gericht muss ein übernahmebereiter und zertifizierter Verwalter vorgeschlagen werden.

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3. Einstweilige Verfügung: Besondere Eilbedürftigkeit erforderlich

Die Bestellung eines Verwalters mittels einer bei Gericht beantragten einstweiligen Verfügung ist unter besonderen Voraussetzungen möglich. Erforderlich für diesen vorläufigen Rechtsschutz sind ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund. 

Der Verfügungsanspruch ist bereits deswegen gegeben, weil in jeder Eigentümergemeinschaft, auch in einer Zwei-Personen-Wohnungseigentümergemeinschaft, ein Anspruch auf einen Verwalter besteht (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.05.2022, Az.: 2-13 T 26/22).

Dagegen erfordert der Verfügungsgrund die besondere Eilbedürftigkeit der Verwalterbestellung. Dazu genügt es nicht, wenn die Eigentümergemeinschaft lediglich verwalterlos ist (LG Berlin, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 85 T 31/12 WEG). Vielmehr muss die sofortige Bestellung eines Verwalters zur Vermeidung erheblicher Nachteile notwendig sein, wie etwa die Abwendung von Vollstreckungen und Versorgungssperren aufgrund nicht gezahlter Rechnungen an Versorger, nicht erstellter Abrechnungen und nicht eingezogener Hausgelder (LG Köln, Urteil vom 01.07.2010, Az.: 29 S 208/09).

Für die besondere Eilbedürftigkeit ist auch die Größe der Eigentümergemeinschaft zu berücksichtigen. In größeren Wohnlagen kann die sofortige Bestellung eines Verwalters „dringender“ erforderlich sein als in kleineren Anlagen (AG Landsberg am Lech, Beschluss vom 19.12.2008, Az.: 1 C 1225/08).

Immer dann, wenn kein Verfügungsgrund für eine sofortige Verwalterbestellung existiert und die Eigentümergemeinschaft gegebenenfalls sogar bereits längere Zeit verwalterlos ist, kommt lediglich eine Beschlussersetzungsklage auf Bestellung eines Verwalters in Betracht. Die besondere Eilbedürftigkeit als Verfügungsgrund kann allerdings während des anhängigen Gerichtsverfahrens entstehen. In diesen Fall ist auch während des laufenden Gerichtsverfahrens eine einstweilige Verfügung auf gerichtliche Bestellung eines Verwalters möglich (BGH, Urteil vom 10.06.2011, Az.: V ZR 146/10).

4. So lange ist der gerichtlich bestellte Verwalter im Amt

Die Entscheidung über die Bestellung eines Notverwalters liegt im Ermessen des Gerichts. Das gilt auch für die Bestimmung der Amtszeit des gerichtlich bestellten Verwalters. Dabei kann das Gericht die Dauer

  • von der Wahl eines neuen Verwalters durch die Wohnungseigentümer abhängig machen, wobei diese Wahl jederzeit erfolgen kann und der gerichtlich bestellte Verwalter mit der Unanfechtbarkeit des Beschlusses über den neu gewählten Verwalter (ein Monat nach der Beschlussfassung) aus dem Amt ausscheidet
  • für einen bestimmten, konkret benannten Zeitraum festsetzen, etwa vom 15.01. bis zum 30.06.2024
  • ohne Begrenzung der Amtszeit festlegen

Bei der Dauer der Amtszeit berücksichtigt das Gericht regelmäßig, inwieweit die Eigentümer bereit sind, sich auf die Bestellung eines von ihnen gewählten Verwalters zu einigen. Je zerstrittener die Eigentümer und festgefahrener die Positionen der Eigentümer sind, desto länger wird das Gericht die Amtszeit des von ihm bestellten Verwalters bestimmen.

5. Diese Aufgaben hat der gerichtlich bestellte Verwalter

Der vom Gericht bestellte Verwalter hat grundsätzlich dieselben Aufgaben wie ein von den Wohnungseigentümern gewählter Verwalter und ist ab der gerichtlichen Bestellung für die ordnungsgemäße Verwaltung der Wohnanlage verantwortlich. Zudem unterstützt der vom Gericht eingesetzte Verwalter die Eigentümer bei der Suche und Auswahl eines dauerhaft tätigen neuen Verwalters, sofern diese jederzeit einen Verwalter wählen können oder die vom Gericht festgesetzte Amtszeit für den vom ihm bestellten Verwalter demnächst endet.



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