Vollmacht in der Eigentümersammlung: Ratgeber mit Muster-Vollmacht (WEG-Reform 2020)

Vollmacht in der Eigentümersammlung: Ratgeber mit Muster-Vollmacht (WEG-Reform 2020)

Wohnungseigentümer sollten an Eigentümerversammlungen der Wohnungseigentümergemeinschaft stets teilnehmen. Denn dort wird über wesentliche Belange der Verwaltung des Gemeinschaftseigentums entschieden, was meist auch finanzielle Auswirkungen für den einzelnen Eigentümer hat. So beschließen die Eigentümer in der ordentlichen (jährlichen) Eigentümerversammlung etwa über die Jahresabrechnung, den Wirtschaftsplan, Instandsetzungsmaßnahmen oder der Wahl eines Verwalters. Dagegen werden in außerordentlichen Eigentümerversammlungen kurzfristig dringende Beschlüsse gefasst, etwa zur schnellen Schadensbehebung. Ist nun ein Eigentümer an der Versammlungsteilnahme verhindert, kann er sich vertreten lassen. Wie das mittels einer Vollmacht funktioniert und wie diese aussieht, erfahren Sie hier.

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1. Eigentümerversammlung: Wer teilnahmeberechtigt ist

Bei der Eigentümerversammlung handelt es sich um eine nicht öffentliche, private Veranstaltung. Teilnahmeberechtigt daran sind alle Personen, denen ein Stimmrecht zusteht. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Personen das Stimmrecht ausüben können oder daran gehindert sind.

Zu den teilnahmeberechtigten Personen gehören in erster Linie die Wohnungseigentümer und als Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft der Verwalter. Daneben kommen andere Personen wie Testamentsvollstrecker sowie Insolvenz-, Zwangs- und Nachlassverwalter in Betracht. Zudem sind die Vertreter in den gesetzlichen Fällen der Vertretungsbefugnis teilnahmeberechtigt, etwa bei minderjährigen Kindern die Eltern oder bei sonstigen geschäftsunfähigen Personen der Betreuer.

Handelt es sich bei dem Wohnungseigentümer um eine juristische Person (etwa eine GmbH), kann sich diese sowohl durch ihre organschaftlichen Vertreter als auch durch einen ihrer Mitarbeiter vertreten lassen. Der Mitarbeiter ist also teilnahmeberechtigt.

Andere Personen dürfen grundsätzlich nicht an der Eigentümerversammlung teilnehmen. Ausnahmen gelten, wenn etwa der gebrechliche oder schwerhörige Eigentümer eine Begleitperson oder der der deutschen Sprache nicht mächtige Eigentümer einen Dolmetscher benötigt, um an der Eigentümerversammlung teilnehmen zu können.

Inwieweit der einzelne Teilnahmeberechtigte sein Stimmrecht auf eine andere Person übertragen und sich von ihr in der Eigentümerversammlung vertreten lassen kann, richtet sich nach dem konkreten Einzelfall.

2. Das gilt für die Vertretung von teilnahmeberechtigten Wohnungseigentümern

Bei der Vertretung von an der Versammlung teilnahmeberechtigten Eigentümern ist folgendes zu beachten:

2.1. Grundsätzlich: Vertretung durch beliebige Person

Der einzelne Wohnungseigentümer muss nicht persönlich an der Eigentümerversammlung teilnehmen und sein Stimmrecht ausüben. Vielmehr kann der Eigentümer sich dazu eines Vertreters bedienen. Grundsätzlich darf jeder Eigentümer sein Stimmrecht einer beliebigen dritten Personübertragen und sich damit für die Teilnahme an der Eigentümerversammlung vertreten lassen. Die Übertragung erfolgt durch eine Stimmrechtsvollmacht desjenigen, der sich vertreten lässt (Vertretener). Dabei ist es regelmäßig auch statthaft, dass der Eigentümer mehrere Vertreter bevollmächtigt, die aber bei gleichzeitiger Teilnahme an der Eigentümerversammlung das Stimmrecht nur einheitlich ausüben können (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 30.03.2012, Az.: 2 ZR 178/11).

Die Vollmacht darf (und sollte) Weisungen enthalten, wonach der Eigentümer dem Vertreter Anweisungen zu einzelnen Tagesordnungspunkten erteilt, wie dieser in der Eigentümerversammlung abzustimmen hat.

In der Vollmacht kann der vertretene Eigentümer seinem Vertreter auch Untervollmacht einräumen. Damit gestattet der Vertretene dem Vertreter, dass dieser seinerseits die Vollmacht an einen anderweitigen Vertreter weitergibt. Erteilt also etwa Wohnungseigentümer A wegen seines Urlaubs dem Eigentümer B Vollmacht, um A bei der Eigentümerversammlung zu vertreten, und wird B krank, kann B kraft der Untervollmacht den Eigentümer C zur Vertretung von A bevollmächtigen.

2.2. Klauseln in Teilungserklärung schränken Vertretungsmöglichkeiten ein

Die Vertretungsmöglichkeiten der Wohnungseigentümer werden in der Praxis überwiegend in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnungoder einer späteren Vereinbarung durch sogenannte Vertreterklauseln eingegrenzt. Das dient dem berechtigten Interesse der Wohnungseigentümer bzw. der Eigentümergemeinschaft, den Kreis der möglichen Versammlungsteilnehmer zu begrenzen und außenstehende Personen fernzuhalten, damit diese keinen Einfluss ausüben. Daher ist etwa die Beschränkung der Vertretung auf bestimmte Personen wie etwa Ehegatten, Kinder, andere Eigentümer und den Verwalter zulässig (BGH, Beschluss vom 29.01.1993, Az.: V ZB 24/92). Auch ist der Verwalter als möglicher Vertreter ausgeschlossen, wenn nach der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung der Eigentümer sich lediglich durch seinen Ehegatten, einen Familienangehörigen oder einen anderen Wohnungseigentümer vertreten lassen kann (Landgericht (LG) Hamburg, Urteil vom 21.09.2016, Az.: 318 S 51/16).

Bei einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, in der nur einer der Partner Wohnungseigentum hat, ist der andere Partner einem Ehegatten nicht gleichgestellt. Der Partner kann daher den Wohnungseigentümer bei einer auf den Ehegatten beschränkten Vertreterklausel regelmäßig nicht wirksam vertreten (Bayerisches Oberstes Landesgericht (BayObLG), Beschluss vom 12.12.1996, Az.: 2Z BR 124/96). Eine Ausnahme, nach der eine Vertretung möglich ist, gilt aber, wenn der nichteheliche Lebenspartner mit der Wohnungseigentümerin und den gemeinsamen Kindern mehr als zehn Jahre in einer auf Dauer angelegten verfestigten Verbindung in einer Familie zusammenlebt (Oberlandesgericht (OLG) Köln, Beschluss vom 08.12.2003, Az.:16 Wx 200/03).

Eine Vertreterklausel ist nicht auf Rechtsanwälte und Steuerberater zu erweitern. Vielmehr sind sie als Vertreter eines Eigentümers ausgeschlossen (Amtsgericht (AG) Berlin-Charlottenburg, Urteil vom 24.06.2016, Az.: 73 C 17/16). Das gilt ebenso für den Verwalter des Sondereigentums bzw. der Eigentumswohnung (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 10.11.2022, Az.: 2-13 S 54/22).

Neben diesen rechtsgeschäftlichen Fällen der Vollmachtserteilung gelten auch die gesetzlichen Fälle der Vertretungsbefugnis. Für eine minderjährige oder unter Betreuung stehende Person agiert dessen gesetzlicher Vertreter, also für ein minderjähriges Kind die Eltern, § 1629 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), und für den geschäftsunfähigen Wohnungseigentümer dessen Betreuer, § 1902 BGB. Unterliegt der betreute Eigentümer keinem Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB, kann er selbst an den Abstimmungen teilnehmen.

Besteht eine Vertreterklausel für juristische Personen, wonach für diese ihre organschaftlichen Vertreter tätig werden, ist diese Klausel ergänzend auszulegen. Denn die juristische Person darf sich auch durch einen Mitarbeiter vertreten lassen. Das gilt auch für einen Mitarbeiter, der bei einer zum selben Konzern gehörenden (weiteren) Tochtergesellschaft angestellt ist, wenn diese Gesellschaft für die Verwaltung des Wohnungseigentums zuständig ist (BGH, Urteil vom 28.06.2019, Az.: V ZR 250/18). 

Zu beachten ist auch, dass durch eine Vertreterklausel bestimmt werden kann, dass

  • nur ein einziger Vertreter bevollmächtigt werden darf. Die Bevollmächtigung mehrerer Personen, die auf der Eigentümerversammlung das Stimmrecht des vertretenen Wohnungseigentümers nur gemeinsam ausüben können, wird damit ausgeschlossen
  • die Erteilung einer Untervollmacht an den bevollmächtigten Vertreter unzulässig ist, so dass keine Untervollmachten eingeräumt werden können

In allen Fällen, in den der Wohnungseigentümer sich in der Eigentümerversammlung durch eine andere Person vertreten lassen möchte, ist die Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung oder eine etwaige spätere Vereinbarung genauestens auf den Inhalt möglicherVertreterklauseln zu prüfen.

2.3. Wann Vertreterklauseln nicht anwendbar sind

Ausnahmsweise können im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände die Beschränkungen einer Vertreterklausel nach dem Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB nicht anwendbar sein. Voraussetzung ist, dass dem Wohnungseigentümer weder selbst eine Versammlungsteilnahme noch eine der Vertreterklausel entsprechende Vertretung zumutbar ist. Das ist etwa der Fall, wenn die Klausel auf den Verwalter, seinen Ehegatten oder einen anderen Wohnungseigentümer der Gemeinschaft beschränkt ist und

  • der vertretene Eigentümer wegen seiner Schwerbehinderung und seines schlechten gesundheitlichen Zustands generell nicht an Eigentümerversammlungen teilnehmen kann, der Ehegatte aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen dazu ebenfalls nicht imstande ist, der Vertretene mit den anderen Eigentümern stark zerstritten ist sowie ihm der erst unmittelbar vor der Versammlung bestellte Verwalter völlig fremd ist (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.10.1998, Az.: 3 Wx 332/98)
  • der ausländische, in England lebende und der deutschen Sprache nicht mächtige Eigentümer sich durch seine in der Wohnung lebende Schwester vertreten lässt (Hanseatisches OLG, Beschluss vom 24.01.2007, Az.: 2 Wx 93/06)
  • der Eigentümer die Eigentumswohnung geerbt hat, seit Jahren in den USA lebt, deshalb zu den anderen Wohnungseigentümern sowie dem Verwalter kein Vertrauensverhältnis besteht und er seinen in der Wohnung als Mieter lebenden Bruder mit der Vertretung beauftragen will (LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 21.02.2002, Az.: 14 T 7744/01)
  • die zugelassenen Vertreter wegen Interessenkollision für den vertretenen Eigentümer unzumutbar sind (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 21.04.1976, Az.: 3 W 8/76)

3. Eigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen: Übertragung nicht möglich

Ist ein Wohnungseigentümer vom Stimmrecht ausgeschlossen, kann er nicht an eine beliebige Person oder an eine der Vertreterklausel in der Teilungserklärung bzw. Gemeinschaftsordnung entsprechende Person eine Stimmrechtsvollmacht erteilen. Denn in diesem Fall würde der Eigentümer mehr Rechte übertragen als ihm selbst zustehen.

Ein Wohnungseigentümer ist nach § 25 Abs. 4 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) nicht stimmberechtigt, wenn

  • die Beschlussfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechtsgeschäfts mit ihm betrifft oder
  • die Beschlussfassung die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn zum Gegenstand hat oder
  • er zur Entziehung des Wohnungseigentums nach § 17 WEG rechtskräftig verurteilt ist

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3.1. Vornahme eines auf die Verwaltung des Gemeinschaftseigentums gerichteten Rechtsgeschäfts

Wird über die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit einem Wohnungseigentümer beschlossen, hat dieser Eigentümer regelmäßig ein besonderes Interesse am Zustandekommen des Geschäfts (etwa Erhalt eines Auftrags für Arbeiten am gemeinschaftlichen Eigentum). Das gilt ebenso bei den sogenannten Verflechtungsfällen. Hier wird das Rechtsgeschäft nicht mit dem Eigentümer selbst abgeschlossen, sondern mit einem Unternehmen, mit dem der Eigentümer wirtschaftlich oder persönlich verflochten ist. In all diesen Fällen gilt das Stimmverbot, und zwar sowohl für einseitige (etwa Mahnungen und Kündigungen), zweiseitige (etwa Verträge) und auch mehrseitige Rechtsgeschäfte.

Dienst-, Werk- und Geschäftsbesorgungsverträge unterliegen folglich dem Stimmverbot. Es spielt keine Rolle, ob ein Eigentümer und das mit ihm verflochtene Unternehmen etwa als Gärtner, Hausmeister, Handwerker, Rechtsanwalt, Reinigungskraft oder Steuerberater beauftragt werden soll.

Beim Verwalter ist zu unterscheiden: Ist der Verwalter zugleich als Wohnungseigentümer Mitglied der Eigentümergemeinschaft, darf er bei Beschlussfassungen über seine Bestellung als Verwalter sowie den Abschluss, die Änderung und die ordentliche fristgemäße Kündigung seines Verwaltervertrags abstimmen. Das gilt auch für die Beschlussfassung über die Festsetzung der Nachschüsse sowie Anpassungsbeträge auf Grundlage der von ihm gefertigten Jahresabrechnung und der Hausgelder bzw. Vorschüsse auf Grundlage des von ihm erstellten Wirtschaftsplans.

Soll der Wohnungseigentümerverwalter dagegen außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund abberufen werden (was allerdings in der Praxis aufgrund der jederzeitigen Abberufungsmöglichkeit auch ohne wichtigen Grund seit der am 01.12.2020 in Kraft getretenen WEG-Reform unbedeutend ist), ist er nicht stimmberechtigt, ebenso bei der außerordentlichen fristlosen Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund.

Auch bei der Entlastung besteht für den Wohnungseigentümerverwalter ein Stimmverbot, da es sich bei der Entlastung um ein negatives Schuldanerkenntnis und damit ein Rechtsgeschäft handelt.

Handelt es sich um einen externen Verwalter, der nicht zugleich als Wohnungseigentümer der Eigentümergemeinschaft angehört, hat dieser kein eigenes Stimmrecht. Er darf aber als Vertreter von Eigentümern abstimmen, und zwar auch über seine eigene Abberufung (OLG München, Beschluss vom 15.09.2010, Az.: 32 Wx 16/10). Um auf der sicheren Seite zu sein, muss die Stimmrechtsvollmacht jedoch weisungsgebunden sein, also den Vertreter anweisen, wie er abzustimmen hat (LG Köln, Urteil vom 07.07.2016, Az.: 29 S 180/15).

Für den Verwaltungsbeirat gelten im Wesentlichen dieselben Grundsätze wie für den Wohnungseigentümerverwalter.

3.2. Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits mit den anderen Eigentümern

Betrifft eine Beschlussfassung einen Rechtsstreit eines Wohnungseigentümers mit anderen Eigentümern, besteht ebenfalls ein Stimmverbot. Der Begriff ist weit auszulegen und umfasst sämtliche wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten nach § 43 WEG. Es muss sich jedoch um eine Auseinandersetzung zwischen dem Wohnungseigentümer, der dem Stimmverbot unterliegt, und der rechtsfähigen Eigentümergemeinschaft handeln (BGH, Urteil vom 06.12.2013, Az.: V ZR 85/13).

Die Einleitung eines Rechtsstreits umfasst insbesondere die Einleitung eines Mahnverfahrens sowie des einstweiligen Rechtschutzes, die Erhebung einer Zahlungsklage wegen rückständigem Hausgeld oder Schadensersatz, die Erhebung einer Beseitigungsklage wegen einer baulichen Veränderung, die Erhebung einer Unterlassungsklage wegen zweckbestimmungswidriger Nutzung und die Entscheidung über die Einleitung eines selbstständigen Beweisverfahrens. Das gilt auch für die Entscheidung über Einlegung von Rechtmitteln (LG Stuttgart, Beschluss vom 24.09.2010, Az.: 19 S 23/10).

Vorprozessual gehören zur Einleitung eines Rechtsstreits die Beschlussfassung über die Beauftragung eines Rechtsanwalts (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 30.06.2003, Az.: 20 W 138/01), die Einholung eines Sachverständigengutachtens (BayObLG, Beschluss vom 09.10.1997, Az.: 2Z BR 84/97) oder die Erhebung einer Sonderumlage zwecks Finanzierung der Verfahrenskosten.

Die Erledigung eines Rechtsstreits betrifft vor allem den Abschluss eines Prozessvergleichs, das Anerkenntnis, die Klagerücknahme oder den Verzicht.

3.3. Verurteilung zur Entziehung des Wohnungseigentums

Schließlich besteht ein Stimmverbot bei einer rechtskräftigen Verurteilung des Eigentümers zur Veräußerung seines Sondereigentums bzw. seiner Eigentumswohnung nach § 17 WEG. Dabei besteht bereits ein solches Verbot, wenn über die Entziehung des Wohnungseigentums beschlossenwird, da es sich um die Einleitung eines Rechtsstreits gegen den Eigentümer handelt. Ist der Entziehungsbeschluss gefasst, darf der Eigentümer wieder abstimmen, und zwar so lange, bis er rechtskräftig zur Veräußerung seines Wohnungseigentums verurteilt wird.

Bei zulässig erteilten Untervollmachten besteht eine Besonderheit: Der vom Stimmrecht ausgeschlossene Wohnungseigentümer kann kraft der Untervollmacht die ihm erteilte Vollmachten weitergeben, wenn er seinerseits dem Unterbevollmächtigten keine Weisungen über die Stimmrechtsausübung erteilt (BayObLG, Beschlüsse vom 21.04.1998, Az.: 2Z BR 43/98, 2Z BR 36/98).

4. Wie der Nachweis der Vollmacht erfolgt

Seit dem Inkrafttreten der WEG-Reform am 01.12.2020 kann die Stimmrechtsvollmacht in Textform erteilt werden, § 25 Abs. 3 WEG. Grundsätzlich ist daher die Schriftform nicht erforderlich. Der Unterschied zwischen den beiden Formen besteht darin, dass bei der

  • Schriftform die Urkunde von dem Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet werden muss, § 126 BGB
  • Textform eine lesbare Erklärung erforderlich ist, in der die Person des Erklärenden genannt ist und die sich auf Datenträger befindet, auf dem die Erklärung angemessene Zeit gespeichert und unverändert wiedergegeben werden kann, § 126b BGB.

Die Textform ist bei E-Mails gegeben, aber auch etwa bei der Übermittlung per Telefax oder SMS. Eine eigenhändige Unterschrift wird bei der Textform eben gerade nicht benötigt.

Auch wenn Teilungserklärungen bzw. Gemeinschaftsordnungen aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der WEG-Reform (Altvereinbarungen) für die Vollmachtserteilung Schriftform vorsehen, gilt grundsätzlich die Textform. Denn nach § 47 WEG stehen Altvereinbarungen der Anwendung der neuen Vorschriften nur dann entgegen, wenn sich aus der Altvereinbarung ein hinreichend deutlicher Wille ergibt. Das dürfte nur selten der Fallsein und muss im Einzelnen von der Rechtsprechung geklärt werden.

Enthalten muss die Vollmacht folgendes:

  • Namen des Eigentümers
  • Namen des Bevollmächtigten
  • Name und Adresse der Wohnungseigentümergemeinschaft
  • Einmalige oder dauerhafte Vollmacht
  • Bei einmaliger Vollmacht Datum der Eigentümerversammlung
  • Bei vorgeschriebener Schriftform eigenhändige Unterschrift des bevollmächtigenden Eigentümers, bei Textform ist keine Unterschrift erforderlich

Der Einladung zur Eigentümerversammlung ist die Tagesordnung beigefügt, die die einzelnen Tagesordnungspunkte (TOP) enthält. Um bestmöglich vertreten zu werden, sollte der vertretene Eigentümer dem Vertreter Anweisungen erteilen, wie dieser zumindest bei einem Teil der TOP für den Eigentümer abstimmen soll.
Der Verwalter hat in der Eigentümerversammlung die Vollmacht zu überprüfen. Dazu kann er die Vorlage der Vollmacht fordern und den Vertreter bei Nichtvorlage abweisen. Daher ist die Vollmacht in der Eigentümerversammlung auf Verlangen vorzulegen (LG Lüneburg, Urteil vom 22.09.2017, Az.: 9 S 19/17). Das gilt auch, wenn der Vertreter den Eigentümer bereits zuvor in Eigentümerversammlungen vertreten hat. Ist eine Vollmacht von einem nicht stimmberechtigten Eigentümer ausgestellt, darf der Verwalter diese bei der Abstimmung nicht berücksichtigen.

Können Vollmachten in der Eigentümerversammlung nicht vorgelegt werden und ist ein Eigentümer damit nicht einverstanden, muss er die Stimmabgabe des Vertreters vor der Abstimmung zurückweisen. Andernfalls ist die Stimmabgabe wirksam, sofern tatsächlich eine Vertretungsbefugnis gegeben ist (AG Bremen-Blumenthal, Urteil vom 02.09.2016, Az.: 44 C 2028/15). Insoweit ist auch jeder Versammlungsteilnehmer zu jeder Zeit berechtigt, Einsicht in die Originalvollmachten zu nehmen. Wird das Gesuch auf Einsichtnahme zurückgewiesen, ist der trotzdem ergangenen Beschluss anfechtbar. Die Anfechtung ist aber erfolglos, wenn zweifelsfrei festgestellt wird, dass dieser Mangel das Beschlussergebnis nicht beeinflusst hat (LG Frankfurt am Main Urteil vom 08.04.2015, Az.: 2-13 S 35/13

Werden Stimmen von Eigentümern mit einem Stimmverbot berücksichtigt, ist der Beschluss anfechtbar, sofern sich dies auf das Abstimmungsergebnis ausgewirkt hat (BGH, Urteil vom 13.01.2017, Az.: V ZR 138/16).

Liegt eine gesetzliche Vertretungsbefugnis vor und ist diese nicht offensichtlich, muss die Befugnis nachgewiesen werden. Die Vertreter der juristischen Personen können diesen Nachweis durch Vorlage von aktuellen Auszügen aus dem betreffenden Handels-, Genossenschafts- oder Vereinsregister führen. Betreuer haben die Möglichkeit, das Original ihres Betreuungsausweises vorzuzeigen.

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5. So weit reicht der Umfang der Vollmacht

Kraft der erteilten Stimmrechtsvollmacht ist der Vertreter bei einer einmaligen Vollmacht berechtigt, an der darin genannten Eigentümerversammlung teilzunehmen, Anträge zu stellen und für den vertretenen Wohnungseigentümer abzustimmen (BGH, Beschluss vom 29.01.1993, Az.: V ZB 24/929. Die einmalige Vollmacht gilt lediglich für die betreffende Eigentümerversammlung. Demgegenüber legitimiert eine Dauervollmacht den Vertreter für sämtliche Versammlungen. Die Dauervollmacht ist dem Verwalter in jeder Eigentümerversammlungen vorzulegen oder beim Verwalter zu hinterlegen. Der vertretene Eigentümer kann den Umfang der Vollmacht inhaltlich festlegen oder dem Vertreter Weisungen erteilen. Zur Erteilung einer Untervollmacht ist der Vertreter nur berechtigt, wenn das eindeutig aus der Vollmacht hervorgeht.

Hält sich der Vertreter nicht an die Vollmacht und weicht davon ab, handelt er ohne Vertretungsmacht. Soweit sich das aus den eindeutigen Weisungen in der Vollmacht ergibt, ist die Vertretung insoweit schwebend unwirksam. Der vertretene Eigentümer kann dann die weisungswidrigen Erklärungen des Vertreters nachträglich genehmigen. Genehmigt der Eigentümer die Erklärungen nicht, muss er gegebenenfalls den Vertreter auf Schadensersatz in Anspruch nehmen.

Soweit der Vertreter weisungswidrig abstimmt, handelt es sich regelmäßig um eine Überschreitung im Innenverhältnis, die gegenüber dem Verwalter bzw. Versammlungsleiter keine verpflichtende Außenwirkung hat. Daher besteht auch kein Anspruch auf Berichtigung des Protokolls (AG Langenfeld, Urteil vom 08.10.2008, Az.: 64 C 82/08).

Im Übrigen hat entweder nur der Eigentümer oder nur der Vertreter ein Teilnahme- und Stimmrecht. Ist der Eigentümer in der Versammlung anwesend, ist der Bevollmächtigte weder zur Teilnahme noch zur Stimmabgabe berechtigt.

6. Muster-Vollmacht zur Vertretung in der Eigentümerversammlung

Eine Muster-Vollmacht lautet wie folgt (Zutreffendes bitte ausfüllen bzw. ankreuzen):

Vollmacht

zur Vertretung in der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft ____________________________ (Name und Adresse) am__________ (Datum der Versammlung)   

Hiermit bevollmächtige/n ich/wir, ____________________________ (Name des/der Wohnungseigentümer/s)

 den Verwalter ________________________ (Name) 

 das Verwaltungsbeiratsmitglied Frau/Herrn ________________________ (Name)

 Frau/Herrn ________________________ (Name)

mich/uns in der oben genannten Eigentümerversammlung zu vertreten und für mich/uns das Stimmrecht auszuüben.

Diese Vollmacht berechtigt ausdrücklich

 zur Erteilung von Untervollmachten

 nicht zur Erteilung von Untervollmachten

Für die Ausübung des Stimmrechts erteilen ich/wir folgende Weisungen:

zu TOP __________   ____________________________ (Nummer des Tagesordnungspunkts sowie Weisung)

zu TOP __________   ____________________________ (Nummer des Tagesordnungspunkts sowie Weisung)

zu TOP __________   ____________________________ (Nummer des Tagesordnungspunkts sowie Weisung)

____________, den ____________ (Ort, Datum)

____________________________ (Unterschrift des/der Wohnungseigentümer/s)



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