Pflichten des neuen WEG-Verwalters bei der Amtsübernahme

Pflichten des neuen WEG-Verwalters bei der Amtsübernahme

Wird von den Mitgliedern einer Wohnungseigentümergemeinschaft ein neuer Verwalter bestellt, hat dieser bei seiner Amtsübernahme bestimmte Pflichten. Da der Verwalter bei einem Verstoß gegen seine Pflichten gegenüber der Eigentümergemeinschaft für jedes Verschulden haftet, liegt es bereits in seinem eigenen Interesse, bei der Übernahme der Verwaltung besonders sorgfältig vorzugehen. Daneben überzeugt ein umsichtiges Vorgehen bei der Amtsübernahme auch die Wohnungseigentümer davon, dass sie den „richtigen“ Verwalter gewählt haben. Welche Pflichten der neue WEG-Verwalter bei der Amtsübernahme hat, haben wir in diesem Artikel für Sie zusammengestellt.

1. Worauf der neue WEG-Verwalter bereits in der Eigentümerversammlung hinwirken sollte

In der Wohnungseigentümerversammlung, in der der neue Verwalter bestellt und in der über den Verwaltervertrag beziehungsweise dessen wesentliche Eckpunkte (Laufzeit und Vergütung) beschlossen wird, ist der künftige Verwalter zugegen, um die Bestellung anzunehmen. In dieser Versammlung sollte der Verwalter bereits darauf hinwirken, dass

  • ihm sämtliche Verwaltungsunterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft ausgehändigt werden
  • ihm Vollmacht über die offenen Fremdgeldkonten der Eigentümergemeinschaft eingeräumt und die dafür bestehende Vollmacht des früheren Verwalters diesem gegenüber widerrufen wird
  • ihm eine Vollmachtsurkunde von den Wohnungseigentümern nach § 27 Abs. 6 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) ausgestellt wird, aus der der Umfang seiner Vertretungsmacht ersichtlich ist
  • vom früheren Verwalter durch Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer nach § 28 Abs. 4 WEG unverzüglich Rechnungslegung verlangt wird

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2. Prüfung der Verwaltungsunterlagen auf Vollständigkeit und Inhalt

Mit Beginn der Verwaltertätigkeit muss der neue WEG-Verwalter die ihm ausgehändigten Verwaltungsunterlagen der Eigentümergemeinschaft auf Vollständigkeit und Inhalt überprüfen. Besonderes Augenmerk hat er auf die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung, der Beschluss-Sammlung, dem Versicherungsschutz für das Objekt und etwaigen laufenden Gerichtsverfahren zu richten. Generell ist die Prüfungspflicht des Verwalters als weit aufzufassen.

Auszuhändigen sind dem neuen Verwalter die Original-Unterlagen der Eigentümergemeinschaft im Büro der früheren WEG-Verwaltung, da der ehemalige Verwalter überwiegend dort seine Verwaltungstätigkeit ausgeübt hat. Damit handelt es sich um eine sogenannte Holschuld des neuen Verwalters. Ein Zurückbehaltungsrecht an den Verwaltungsunterlagen, etwa wegen Forderungen gegen die Eigentümergemeinschaft, steht dem früheren Verwalter nicht zu. Vielmehr muss dieser die Verwaltungsunterlagen geordnet, vollständig und abholfähig bereitstellen.

2.1. Vollständigkeit der Verwaltungsunterlagen

Der neue Verwalter hat die Verwaltungsunterlagen der Wohnungseigentümergemeinschaft zunächst auf Vollständigkeit zu prüfen. Zu den Unterlagen gehören beispielsweise:

  • Teilungserklärung mit Aufteilungsplänen nebst Gemeinschaftsordnung
  • Eigentümerliste mit Namen und Anschriften
  • Rechnungslegungsunterlagen
  • Buchhaltungsunterlagen
  • Kontoauszüge
  • Jahresabrechnungen einschließlich der Einzelabrechnungen
  • Wirtschaftspläne einschließlich des aktuellen Plans
  • erloschene Verwaltervollmacht des ehemaligen Verwalters
  • Protokolle aller bisherigen Eigentümerversammlungen (Versammlungsprotokolle) nebst Anwesenheitslisten und etwaiger Vollmachten
  • Beschluss-Sammlung
  • Policen der für die Eigentümergemeinschaft bestehenden Versicherungen
  • sämtliche frühere und laufenden Verträge der Eigentümergemeinschaft
  • etwaige Unterlagen über laufende Gerichtsverfahren der Eigentümergemeinschaft
  • Betriebs- und Bedienungsanleitungen für gemeinschaftliche Anlagen und Einrichtungen
  • Generalschlüssel, sonstige Schlüssel, Schließplan, etwaige Schlüsselkarte für Nachbestellungen

Fehlen Unterlagen, ist der neue Verwalter verpflichtet, diese von der früheren Verwaltung anzufordern. Weigert sich die ehemalige Verwaltung, kann der neue Verwalter die Herausgabe über die Regeln der Notgeschäftsführung, besser allerdings aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer (dies kann auch eine entsprechende Klausel im von den Eigentümern vollständig beschlossenen Verwaltervertrag sein) bei Gericht einklagen.

2.2. Inhalt der Verwaltungsunterlagen

Liegen die Verwaltungsunterlagen vor, hat der neue Verwalter deren Inhalt zu prüfen. Das lässt sich in folgende Bereiche aufteilen:

2.2.1. Eigentümerliste, Teilungserklärung und Beschluss-Sammlung

Zunächst hat der neue Verwalter die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung und die Beschluss-Sammlung durchzusehen. Teilungserklärung samt Gemeinschaftsordnung sowie die Beschluss-Sammlung liefern dem Verwalter dabei wichtige Informationen über die Belange der Eigentümergemeinschaft, zu deren Kenntnis er verpflichtet ist und die mit zu den Grundlagen seiner Verwaltertätigkeit gehören. Dabei geht aus der Beschluss-Sammlung insbesondere hervor, inwieweit wirksame Beschlüsse zustande gekommen sind, die der neue Verwalter noch durchführen sowie welche Maßnahmen er dazu ergreifen muss.

Aber auch die Eigentümerliste ist wichtig und muss auf dem aktuellen Stand sein, um speziell auswärts lebende Eigentümer, die ihre Wohnung vermietet haben, anschreiben zu können, etwa zu den Einladungen zur Wohnungseigentümerversammlung.

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2.2.2. Rechnungslegung und Vermögenslage

Die Rechnungslegung des ehemaligen Verwalters ist vom neuen Verwalter inhaltlich zu überprüfen. Anhand der Rechnungslegung und den weiteren Unterlagen ist die aktuelle Vermögenslage der Eigentümergemeinschaft zu ermitteln. Forderungen der Eigentümergemeinschaft, insbesondere offen stehende Hausgelder, sind einzuziehen, und zwar auch aus der Zeit vor der Bestellung des neuen Verwalters. Das gilt ebenso für die Begleichung von Verbindlichkeiten der Eigentümergemeinschaft. Bei offenen Forderungen der Eigentümergemeinschaft ist insbesondere zu prüfen, ob eine Verjährung droht. Ist das der Fall, sind verjährungshemmende Maßnahmen einzuleiten (Mahnverfahren oder Klage), wozu allerdings ein Beschluss der Wohnungseigentümer erforderlich sein kann.

Der neue Verwalter kann verpflichtet sein, die Jahresabrechnung nebst Einzelabrechnungen für das abgelaufene Wirtschaftsjahr zu erteilen. Dazu ist zunächst der Verwaltervertrag, die Teilungserklärung nebst Gemeinschaftsordnung und die Beschluss-Sammlung einzusehen. In Einzelfällen kann dort festgeschrieben sein, dass der zum Ende des Wirtschaftsjahres ausscheidende frühere Verwalter die Hausgeldabrechnung erstellen muss. Ist das nicht der Fall, ist dies die Aufgabe des neuen Verwalters, die Abrechnung für das Vorjahr zu erteilen.

Zu den Pflichten des früheren Verwalters gehört es auch, den von der früheren Verwaltung erstellten Wirtschaftsplan zu kontrollieren und die Wohnungseigentümer auf etwaige fehlerhafte Kalkulationen, speziell beim Kapitalbedarf der Eigentümergemeinschaft, hinzuweisen.

2.2.3. Versicherungspolicen

Besonders wichtig ist die Verpflichtung des neuen Verwalters zur Überprüfung der bestehenden Versicherungspolicen. Sollte notwendiger Versicherungsschutz fehlen oder in nicht ausreichender Höhe bestehen, ist dadurch das Vermögen der Eigentümer gefährdet. In diesem Zusammenhang ist auch die Gemeinschaftsordnung durchzusehen und zu kontrollieren, ob etwaige darin vorgeschriebene Versicherungen in genügender Deckungshöhe abgeschlossen sind.

2.2.4. Verträge und delegierte Verkehrssicherungspflichten

Tritt der neue Verwalter sein Amt an, trifft ihn die Pflicht, sämtliche Verträge der Eigentümergemeinschaft auf Inhalt, Wirksamkeit und rechtliche Risiken zu überprüfen. Dazu gehören etwa Hausmeisterverträge, Wartungsverträge, Verträge mit Handwerkern sowie mit Bauunternehmern und dergleichen mehr.

In diesen Bereich kann auch die Delegation (Übertragung) von Verkehrssicherungspflichten wie etwa den Winterdienst oder eine Baustellensicherung eingeordnet werden. Die meist externen dritten Personen, auf denen die Verkehrssicherungspflichten übertragen wurden, sind sogenannte Verrichtungsgehilfen des neuen Verwalters. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Gehilfen von der früheren Verwaltung eingesetzt wurden. Vielmehr muss der Verwalter die Auswahl der Gehilfen kontrollieren und diese überwachen.

2.2.5. Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche

Soweit Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüche der Eigentümergemeinschaft möglich sind oder bereits geltend gemacht wurden, hat der neue Verwalter auch diese zu überprüfen. Auch hier hat der Verwalter die Pflicht, die Verjährungsfristen im Auge zu behalten und notfalls nach Beschluss der Eigentümergemeinschaft verjährungshemmende Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

Die Pflicht des neuen Verwalters zur Prüfung und Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen besteht auch gegenüber der früheren Hausverwaltung. Der neu eingesetzte Verwalter muss sogar gegen den ehemaligen Verwalter vorgehen, wenn er das bei der Amtsübernahme erkennt oder hätte erkennen können. Andernfalls macht sich der aktuell tätige Verwalter selber schadensersatzpflichtig. 

2.2.6. Laufende Gerichtsverfahren

Laufende Gerichtsverfahren sind für den neuen Verwalter besonders unangenehm. Auf der einen Seite ist er zu deren Übernahme verpflichtet. Auf der anderen Seite haftet er gegenüber der Eigentümergemeinschaft, wenn sich das Gerichtsverfahren später als überflüssig oder mutwillig erweisen sollte, auch wenn der frühere Verwalter das Gerichtsverfahren eingeleitet hat. In solchen Fällen ist der neue Verwalter an sich gehalten, das bei Gericht anhängige Verfahren auf die für die Eigentümergemeinschaft kostengünstigste Weise zu beenden. Die Frage ist allerdings, ob die Eigentümergemeinschaft damit auch einverstanden ist. Daher ist es nicht zu beanstanden, wenn der neue Verwalter die Eigentümergemeinschaft hierzu beschließen lässt.

3. Begehung des Objekts: Kontrolle und Bestandsaufnahme

In der ersten Woche, besser noch am ersten Tag der Amtsübernahme, sollte der neue Verwalter eine Begehung des Objekts durchführen, also eine optische und technische Kontrolle und Bestandaufnahme vornehmen sowie mögliche Gefahrenherde und Schäden ermitteln. Stellt der neue Verwalter Gefahrenherde fest, muss er die zu deren Beseitigung notwenigen Maßnahmen ergreifen. Ist das dringend, hat der Verwalter unverzüglich tätig zu werden, § 27 Abs. 1 Nr. WEG, also ohne schuldhaftes Zögern. Möglichen Instandhaltungs- und Instandsetzungsbedarf muss der Verwalter zügig erfassen, wobei er nicht an die Feststellungen seines Vorgängers gebunden ist.

In der Praxis ist es sinnvoll, wenn der Verwaltungsbeirat den neuen Verwalter zumindest bei der Erstbegehung begleitet. Dem Verwalter wird die Begehung damit erleichtert, während der Beirat sich auch selber ein Bild vom Zustand des Objektes machen kann.

Gute Verwalter nehmen ihre Pflichten bei der Amtsübernahme sehr genau wahr. Schludert der Verwalter hier, ist auch künftig nicht viel von ihm zu erwarten. Eigentümergemeinschaften sollten daher mit neuen Verwaltern regelmäßig eine meist sechsmonatige Probezeit vor der endgültigen Amtsübernahme vereinbaren.

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