WEG-Verwalter ohne Bestellung (ausgelaufener Vertrag)

WEG-Verwalter ohne Bestellung (ausgelaufener Vertrag)

Immer wieder passiert es: Niemand bemerkt, dass die Bestellungszeit des WEG-Verwalters abgelaufen ist, weil etwa der Beschluss über seine Wiederbestellung vergessen wurde. Der nicht mehr bestellte Verwalter handelt dann als Scheinverwalter (faktischer Verwalter, Pseudoverwalter) für die Wohnungseigentümergemeinschaft. Er wird also im Außenverhältnis für die Gemeinschaft tätig, ist dazu aber im Innenverhältnis gegenüber der Gemeinschaft gesetzlich nicht ermächtigt. Dadurch entstehen rechtliche Probleme. Diese können sich verstärken, wenn zusätzlich auch der Verwaltervertrag ausgelaufen ist. Welche Probleme das sind und wie Sie als Wohnungseigentümer diesen begegnen können, erfahren Sie hier.

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1. Trennungstheorie: Verwalterbestellung und Verwaltervertrag sind verschiedene Rechtsakte

Nach der sogenannten Trennungstheorie ist zwischen der Verwalterbestellung und dem Verwaltervertrag zu unterscheiden. Mit der Bestellung als organschaftlicher Akt wird der Verwalter mit seinen gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen Organ der Wohnungseigentümergemeinschaft, und zwar neben der Wohnungseigentümerversammlung und einem eventuell vorhandenem Verwaltungsbeirat. Die Aufgaben und Befugnisse des Verwalters sind im Wesentlichen in §§ 24 (Einberufung, Vorsitz, Niederschrift), 27 (Aufgaben und Befugnisse des Verwalters), 28 (Wirtschaftsplan, Rechnungslegung, Vermögensbericht) sowie 9b (Vertretung) Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt.

Dagegen ist der Abschluss des Verwaltervertrags ein rein schuldrechtlicher Akt, der im WEG lediglich an einer Stelle erwähnt wird (Vertragsende spätestens sechs Monate nach Abberufung, § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG). Im Verwaltervertrag vereinbart werden die Einschränkungen und Erweiterungen der Pflichten und Rechte des Verwalters, wobei zu den Rechten insbesondere auch die Verwaltervergütung gehört. Regelmäßig ist der Verwaltervertrag ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag mit dienstvertraglichen Elementen nach §§ 675, 611 ff Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Ebenso wie die Verwalterbestellung und der Abschluss des Verwaltervertrags sind auch die Verwalterabberufung und die Beendigung des Verwaltervertrags (etwa durch dessen Kündigung bzw. Auflösung oder der Niederlegung des Verwaltersamts) eigenständige Rechtsakte.

Verwalterbestellung und Abberufung sowie Vertragsschluss und -beendigung können daher unterschiedliche rechtliche Schicksale haben. Das spielt vor allem dann eine Rolle, wenn das Ende der Bestellung und Ende des ausgelaufenen Vertrags zeitlich auseinanderfallen oder die Bestellung wieder auflebt, der Verwaltervertrag jedoch nicht.

2. WEG-Verwalter ohne Bestellung: Das sind die Folgen der Scheinverwaltung

Mit Ablauf der Bestellungszeit verliert der Verwalter seine organschaftliche Stellung. Damit darf er keine Handlungen mehr für die Wohnungseigentümergemeinschaft durchführen, da er keine gesetzliche Vertretungsmacht nach § 9b Abs. 1 Satz 1 WEG mehr hat. Handelt er trotzdem, geschieht das als Scheinverwalter faktisch im Außenverhältnis. Dagegen wird der Scheinverwalter im Innenverhältnis zur Gemeinschaft rechtlich als Geschäftsführer ohne Auftrag im Sinne der §§ 677 ff BGB tätig.

Das hat folgende Konsequenzen: Der Scheinverwalter ist nicht berechtigt,

  • nach § 24 Abs. 1 WEG die Eigentümerversammlung einzuberufen und nach § 24 Abs. 5 WEG zu leiten.
    Geschieht das trotzdem und wusste der Scheinverwalter nichts von seiner fehlenden Vertretungsmacht, sind die in der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse zwar nicht nichtig, aber anfechtbar
  • nach § 9b Abs. 1 WEG Zustellungen für die Wohnungseigentümergemeinschaft entgegenzunehmen, diese sind also unwirksam. Die Praxis behilft sich damit, dass dieser Mangel nach § 189 Zivilprozessordnung (ZPO) durch den Zugang der Klageschrift bei den beklagten Wohnungseigentümern geheilt wird (vgl. dazu Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 20.04.2018, Az.: V ZR 202/16). Im Übrigen kommt jeder einzelne Wohnungseigentümer als Empfangsvertreter für Willenserklärungen und Zustellungen in Betracht (Amtsgericht (AG) Wiesloch, Urteil vom 25.03.2011, Az.: 5 C 4/11 WEG)
  • nach § 12 WEG Veräußerungszustimmungen beim Verkauf von Eigentumswohnungen zu erteilen, sofern das als Inhalt des Sondereigentums vereinbart wurde

Wird der Scheinverwalter erneut als Verwalter bestellt, kann die Eigentümerversammlung sein bisheriges rechtliches Handeln ausdrücklich nachträglich genehmigen. Erfolgt keine ausdrückliche Genehmigung, erfolgen aber auch keine Beanstandungen, bleiben die Tätigkeiten des Scheinverwalters in der Regel aus den Gesichtspunkten der Anscheins- oder der Duldungsvollmacht bestehen. Bei der Duldungsvollmacht duldet der Vertretene bzw. hier die Gemeinschaft, dass der Verwalter als Vertreter ohne Vertretungsmacht für ihn auftritt. Dagegen verhält es sich bei der Anscheinsvollmacht so, dass der Vertretene zwar nicht weiß, dass der Verwalter als Vertreter ohne Vertretungsmacht für ihn auftritt, allerdings dies hätte es wissen müssen und verhindern können.

Verweigert die Gemeinschaft die Genehmigung und muss diese auch nicht erteilen, haftet der Scheinverwalter gegenüber Dritten als Vertreter ohne Vertretungsmacht nach § 179 BGB. Danach muss er dem Dritten die eingegangene Verbindlichkeit erfüllen oder Schadensersatz leisten, wenn er als Scheinverwalter seine fehlende Vertretungsmacht kannte. Wusste der Scheinverwalter aber nichts von seiner fehlenden Vertretungsmacht, haftet er auf den Ersatz des Schadens, den der Dritte durch sein Vertrauen auf die Vertretungsmacht erlitten hat.

In diesem Zusammenhang kann es eine Rolle spielen, wenn das Ende der Verwalterbestellung und das Auslaufen des Verwalterbetrags zeitlich auseinanderfallen. War etwa die Bestellung bereits abgelaufen, während der Verwaltervertrag noch lief, behält der Verwalter für die Zeit nach abgelaufener Bestellung seine Vergütungsansprüche. Diese sind allerdings um rund 20% seiner ersparten Aufwendungen zu kürzen(Oberlandesgericht (OLG) Hamburg, Urteil vom 15.10.2010, Az.: 14 U 141/10), wobei der Verwaltervertrag spätestens sechs Monate nach Ablauf der Bestellung endet, § 26 Abs. 3 Satz 2 WEG. Auch kann die Eigentümerversammlung dem Verwalter eine nachträgliche Genehmigung für sein Handeln nach Ende des Bestellungszeitraums und nach Auslaufen des Verwaltervertrags nur schwerlich verweigern, wenn das Handeln zwar nicht durch die gesetzlichen Aufgaben und Befugnisse, aber durch die beschlossenen erweiterten Rechte und Pflichten im Verwaltervertrag gedeckt war.

3. Versäumte Wiederbestellung: Wie „Rettungsmaßnahmen“ aussehen können

War eigentlich eine Wiederbestellung des derzeitigen Scheinverwalters beabsichtigt und wurde diese versäumt, können folgende „Rettungsmaßnahmen“ ergriffen werden:

Möglichkeit 1: Eigentümerversammlung anberaumen

Der Scheinverwalter übernimmt die Vorbereitung der (ordentlichen oder außerordentlichen) Eigentümerversammlung einschließlich Einladungsschreiben nebst Anlagen. Anschließend lädt der Vorsitzende des Verwaltungsbeirats, dessen Vertreter oder ein dazu durch Beschluss ermächtigter Wohnungseigentümer gemäß § 24 Abs. 3 WEG zur nächsten Eigentümerversammlung ein. Der Einladende eröffnet die Eigentümerversammlung und unmittelbar darauf wird der Scheinverwalter gemäß § 24 Abs. 5 WEG zum Versammlungsleiter gewählt. Danach kann der Scheinverwalter erneut zum Verwalter bestellt werden. Möglich ist auch die Wahl eines neuen Verwalters, sofern zuvor drei Angebote verschiedener Verwaltungen eingeholt und den Eigentümern ausreichende Zeit vor der Versammlung übermittelt wurden.

Möglichkeit 2: Umlaufbeschluss initiieren

Ein Mitglied des Verwaltungsbeirates oder ein Wohnungseigentümer kann einen sogenannten Umlaufbeschluss initiieren, durch den der Scheinverwalter erneut zum Verwalter bestellt wird. Herbeigeführt wird der Umlaufbeschluss im schriftlichen Verfahren (Umlaufverfahren) nach § 23 Abs. 3 WEG, bei dem alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären müssen. Nur dann ist der Beschluss rechtens.  In dieser erforderlichen Allstimmigkeit liegt aber auch das Problem: Denn in der Praxis ist es eher selten, dass alle Eigentümer zustimmen, sei es aus Desinteresse, sei es aus Opposition. Das Umlaufverfahren ist daher eher nur für kleinere Wohnungseigentümergemeinschaften geeignet.

Möglichkeit 3: Wohnungseigentümer ermächtigen 

Manchmal existieren weder ein Verwaltungsbeirat noch ein durch Beschluss zur Versammlungsanberaumung ermächtigter Wohnungseigentümer und ein Umlaufverfahren oder eine etwa telefonische Verabredung zwischen den Eigentümern zu einer „formlosen“ Vollversammlung ist gescheitert (treffen sich alle Eigentümer, können unter bestimmten Voraussetzungen Beschlüsse gefasst werden). In diesem Fall kann sich ein Wohnungseigentümer mittels einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG vom Gericht ermächtigen lassen, eine Eigentümerversammlung anzuberaumen. In der Versammlung kann dann der Scheinverwalter erneut zum Verwalter bestellt werden. Denkbar ist auch hier die Wahl eines neuen Verwalters, wenn zuvor drei Angebote verschiedener Verwaltungen eingeholt und den Eigentümern übermittelt wurden.

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Wird festgestellt, dass die organschaftliche Stellung des Verwalters nicht mehr besteht und dieser nur Scheinverwalter ist, sollteschnellstmöglich gehandelt werden. Denn unter Umständen müssen Handlungen des Scheinverwalters wie etwa eine Veräußerungszustimmung nach § 12 WEG zeitnah legitimiert werden. Zu prüfen ist auch, ob und inwieweit über die Geltung des Verwaltervertrags zu beschließen ist.

4. Ende der Corona-Sonderregelung für Eigentümergemeinschaften: Fragen in der Praxis

Am 28.03.2020 trat das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (COVMG) in Kraft. Danach bleibt der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung bzw. bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt. Nachdem das Gesetz zunächst bis Ende 2021 gelten sollte, endete es am 31.08.2022.

Im Zusammenhang mit diesem Gesetz ist vieles umstritten. So soll zum einen der zuletzt bestellte Verwalter bis zu seiner Abberufung bzw. bis zur Bestellung eines neuen Verwalters im Amt bleiben. Zum anderen ist die Rechtslage aber unklar, wenn die Bestellungszeit des Verwalters beispielsweise zum 31.08.2022 oder kurz danach geendet hat. Bleibt der Verwalter hier aufgrund der Corona-Sonderreglung im Amt oder ist die abgelaufene Bestellungszeit maßgeblich? Ebenso verhält es sich mit dem Verwaltervertrag. Das Gesetz bezieht sich nur auf die Bestellung, nicht jedoch auf den Vertrag. Insoweit ist es also denkbar, dass ein Verwalteramt wieder – im Gegensatz zum Verwaltervertrag – auflebte, obwohl einiges dafür spricht, dass neben der Bestellung auch der Verwaltervertrag während der Pandemie fortgesetzt werden sollte.

Sofern noch nicht geschehen, sollten Wohnungseigentümergemeinschaften für Klarheit sorgen. Sollte die Bestellungszeit des Verwalters nach Ende der Corona-Sonderreglung abgelaufen und noch keine Regelung getroffen worden sein, kann nach den in diesem Artikel unter 03. dargestellten Maßnahmen verfahren werden.

Hat der Verwalter eine Veräußerungszustimmung zum Verkauf einer Eigentumswohnung nach § 12 WEG während der Corona-Sonderregelung erteilt, muss in diesem Zeitpunkt seine Bestellung vorgelegen haben. Das ist nicht der Fall, wenn die Bestellung bereits vor der am 28.03.2020 in Kraft getretenen Corona-Sonderregelung beendet war. Denn die Sonderregelung führt nicht dazu, dass durch diese eine bereits zuvor beendete Bestellung wieder auflebt (OLG Hamm, Beschluss vom 05.08.2020, Az.: I-15 W 266/20).

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