Kritik am WEG-Verwalter: Wo sind die Grenzen – und kann er deswegen sein Amt niederlegen?

Kritik am WEG-Verwalter: Wo sind die Grenzen – und kann er deswegen sein Amt niederlegen?

Gerade auf Wohnungseigentümerversammlungen geht es manchmal hoch her. Bestehen zwischen dem WEG-Verwalter und den Wohnungseigentümern erhebliche Meinungsverschiedenheiten, muss der Verwalter nicht nur seine Vorschläge und Entscheidungen rechtfertigen, sondern auch einiges an Kritik einstecken, Die Frage ist dann häufig, inwieweit eine schonungslos „harte“ und abwertende Kritik noch vom Recht auf Meinungsäußerung gedeckt wird oder bereits eine unzulässige Schmähkritik ist oder unwahre Tatsachenbehauptungen enthält. Wo die Grenzen der Kritik am WEG-Verwalter liegen, wann die Kritik sogar strafbar ist und ob der Verwalter wegen Kritik sein Amt niederlegen kann, lesen Sie hier.

1. Rechtsprechung: So weit geht die Meinungsfreiheit

Meinungsäußerungen und wahre Tatsachenbehauptungen unterlegen grundsätzlich dem Schutz aus Artikel 5 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Das gilt auch für im Rahmen von Meinungsäußerungen erfolgte abwertende Kritik in scharfer und schonungsloser Form, sofern diese

  • sachbezogen ist und
  • weder Schmähkritik noch eine bloße Formalbeleidigung darstellt.

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Die Äußerung eines Wohnungseigentümers, der WEG-Verwalter habe durch Täuschung, Fehlinformation und Einschaltung eines Gutachters ein Heizmonopol eingeführt, wodurch der Eigentümergemeinschaft ein Schaden von 20.000 Euro entstanden sei, ist daher keine Tatsachenbehauptung, sondern eine Meinungsäußerung. Davon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn damit das Verhalten des Verwalters bewertet wird, dass dieser keine Konkurrenzangebote eingeholt und den Eigentümern zu Abstimmung vorgelegt hat sowie unterschiedliche Auffassungen über eine damit zusammenhängende Regelung in der Teilungserklärung bestehen (Landgericht (LG) München I, Beschluss vom 28.11.2013, Az.: 1 S 13798/ 13 WEG).

Ist die Korrespondenz mit dem Verwalter bereits seit Jahren von gegenseitiger Missachtung geprägt, stellt die Anrede in einem Brief mit „Sehr geehrtes Verwalterlein“ zwar eine Unhöflichkeit, aber keine Beleidigung dar (so für die Mietverwaltung bei einem Brief eines Mieters an den Verwalter des Vermieters: LG Berlin, Urteil vom 13.06.2008, Az.: 63 S 352/07). Zuvor hatte der Verwalter den Mietern schriftlich eine „paranoide Vorgehensweise“ und „querulatorische Neigungen“ unterstellt – also Äußerungen von sich gegeben, die bei der WEG-Verwaltung wegen Verstoßes gegen die Neutralitätspflicht eine vorzeitige Abberufung und außerordentliche (fristlose) Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigem Grund rechtfertigen würden.

2. Dadurch unterscheidet sich zulässige Werturteile von unzulässiger Schmähkritik

Werturteile sind geprägt durch die Elemente des Meinens und des Dafürhaltens. Daher kann ein Werturteil nicht mittels Beweisen objektiv geklärt und daher als wahr oder unwahr beurteilt werden. Möglich ist lediglich eine Zustimmung oder Ablehnung. Ein typisches Werturteil wäre etwa die Aussage, dass der „Verwalter nicht kompetent“ ist.

Dabei dürfen Werturteile auch scharf und schonungslos oder überspitzt, ironisch und polemisch sein, sofern noch ein sachlicher Bezug gegeben ist. Zulässig wäre daher etwa die Äußerung über ein bestimmtes Handeln des Verwalters, dass dieses „nicht nur der Gemeinschaft schadet, sondern auch das Vertrauen in die gesamten Hausverwaltungen untergräbt“ (so für eine ähnlich Äußerung im Zusammenhang mit einem Arzt und der Ärzteschaft: Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt, Beschluss vom 18.06.2015, Az.: 16 W 29/15).

Unzulässig ist ein Werturteil allerdings dann, wenn die Äußerung den sachlichen Bezug verdrängt und der Betroffene in erster Linie gekränkt oder herabgesetzt werden soll, so dass eine Schmähkritik oder eine Beleidigung vorliegt. Dies muss allerdings eindeutig sein, so etwa bei der Äußerung „der alte Abzocker“.

3. Unwahre Tatsachenbehauptungen sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt

Tatsachenbehauptungen lassen sich lassen sich mittels Beweisen objektiv klären und können daher – anders als Werturteile – als wahr oder unwahr beurteilt werden. Dabei sind unwahre Tatsachenbehauptungen generell nicht schutzwürdig. Möchte ein von einer negativen Äußerung Betroffener dagegen vorgehen, ist daher stets zuerst zu prüfen, ob die Äußerung tatsächlich nur Tatsachen enthält und ob diese in Wahrheit nicht zutreffen.

Äußert also etwa ein Wohnungseigentümer, dass der Verwalter „Gemeinschaftsgelder unterschlagen“ habe, ist dies eine Tatsachenbehauptung. Ob die Behauptung zutrifft oder nicht, lässt sich durch eine eingehende Kassenprüfung feststellen. Stellt sich die Behauptung dann als wahr heraus, darf sie aufrecht erhalten werden. Ist die Behauptung dagegen unwahr, wird sie durch die Meinungsfreiheit nicht gedeckt.

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4. Unterlassung und Straftatbestände: Wenn die Kritik über das Ziel hinaus schießt

Schmähkritik und unwahre Tatsachenbehauptungen braucht sich der WEG-Verwalter nicht gefallen zu lassen. Zivilrechtlich kann er auf Unterlassung solcher Äußerungen klagen. Rechtsgrundlage für den Unterlassungsanspruch ist § 1004 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB).

Darüber hinaus können durch Schmähkritik und unwahre Tatsachenbehauptungen Straftatbestände verwirklicht werden.

Das gilt zunächst für die Beleidigung nach § 185 Strafgesetzbuch (StGB), also für eine Herabwürdigung des anderen durch eine Äußerung oder ein Verhalten, welches nicht mehr von der Meinungsfreiheit geschützt wird. Bezeichnet etwa ein Eigentümer den Verwalter als „Vollpfosten“ oder zeigt ihm den „Stinkefinger“, ist der Straftatbestand der Beleidigung verwirklicht.

Bei der üblen Nachrede nach § 186 StGB werden Tatsachenbehauptungen aufgestellt, die dazu geeignet sind, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen. Behauptet etwa ein Eigentümer, der Verwalter habe sich bei einer Auftragsvergabe bestechen lassen und ist das nicht beweisbar, ist der Straftatbestand der üblen Nachrede erfüllt. Stellt sich dagegen heraus, dass der Verwalter den Auftrag tatsächlich gegen persönliche finanzielle Vorteile vergeben hat, ist keine üble Nachrede gegeben.

Die Verleumdung nach § 187 StGB ist quasi eine üble Nachrede wider besseren Wissens. Der Täter weiß also genau, dass die von ihm behauptete oder verbreitete Tatsache nicht wahr ist. Hat etwa die Kassenprüfung unter Mitwirkung des betreffenden Eigentümers ergeben, dass alles in Ordnung ist und behauptet der Eigentümer trotzdem die Veruntreuung von Gemeinschaftsgeldern durch den Verwalter, macht sich der Eigentümer wegen Verleumdung strafbar.

Bei wechselseitigen Beleidigungen, also wenn eine Beleidigung eines Eigentümers vom Verwalter auf der Stelle erwidert wird oder umgekehrt, kann der Richter beide Beteiligte oder einen Beteiligten für straffrei erklären, § 199 StGB. Zudem können tadelnde Urteile über gewerbliche Leistungen eine Wahrnehmung berechtigter Interessen sein, die nur strafbar sind, wenn eine Beleidigung aus der Form der Äußerung oder den Umständen hervorgeht, § 193 StGB.

5. Wann der Verwalter sein Amt aufgrund Kritik niederlegen kann

Grundsätzlich kann der WEG-Verwalter sein Amt jederzeit wirksam niederlegen. Eine andere Frage ist, ob die Niederlegung berechtigt war oder nicht. Unberechtigt ist die Niederlegung, wenn diese

  • auf einen wichtigen Grund beschränkt ist und der Verwalter ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes sein Amt niederlegt
  • zwar gerechtfertigt ist, aber zur Unzeit erfolgt, etwa weil wichtige und eilige Verwaltungsaufgaben zur Erledigung anstehen

Strafbare Beleidigungen, üble Nachreden oder Verleumdungen von Eigentümern bilden für den Verwalter regelmäßig einen wichtigen Grund, sein Amt niederzulegen. In diesen Fällen ist regelmäßig das Vertrauen zur Eigentümergemeinschaft und / oder dem Verwaltungsbeirat so gestört, dass für den Verwalter eine weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist. Geschieht die Amtsniederlegung nicht zur Unzeit, ist sie rechtens.

Anders ist es dagegen, wenn die Kritik von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Regelmäßig ist hier kein wichtiger Grund zur Amtsniederlegung gegeben. Legt der Verwalter trotzdem sein Amt nieder, macht er sich gegenüber der Eigentümergemeinschaft schadensersatzpflichtig. Das gilt ebenso, wenn zwar ein wichtiger Grund zur Amtsniederlegung existiert, aber die Niederlegung zur Unzeit erfolgt. Ein Schaden kann etwa durch die Differenz zwischen der bisherigen und der höheren Vergütung für einen neuen Verwalter bis zum Ende der regulären Amtszeit des niederlegenden Verwalters entstehen.

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