Beschluss-Sammlung nicht geführt: Was tun als Eigentümer?

Beschluss-Sammlung nicht geführt: Was tun als Eigentümer?

Seit der am 01.07.2007 in Kraft getreten Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) ist in erster Linie der Verwalter verpflichtet, eine Beschluss-Sammlung zu führen, § 27 Abs. 7, 8 WEG. Kommt der Verwalter dem nicht oder nicht ordnungsgemäß nach, ist das regelmäßig ein wichtiger Grund für seine vorzeitige Abberufung, § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG. Was sich so eindeutig liest, beantwortet dem Eigentümer aber nicht die Frage, wie er konkret gegen einen solchen Verwalter vorgehen soll. Was Eigentümer hier im Einzelnen unternehmen können, erfahren Sie in diesem Artikel.

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1. Diesen Zweck hat die Beschluss-Sammlung

Die Beschluss-Sammlung bezweckt eine übersichtliche Dokumentation der gefassten Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft. Insbesondere die Wohnungseigentümer und Kaufinteressenten von Eigentumswohnungen, aber auch der Verwalter, sollen mittels der Beschluss-Sammlung jederzeit in der Lage sein, sich über die Beschlüsse und etwaige wohnungseigentumsrechtlichen Gerichtsverfahren zu informieren.

Dazu enthält die Beschluss-Sammlung nach § 24 Abs. 7 Satz WEG (nur) den Wortlaut

  • der in der (ordentlichen oder außerordentlichen) Versammlung der Wohnungseigentümer verkündeten Beschlüsse mit Angabe von Ort und Datum der Versammlung,
  • der schriftlichen Beschlüsse (Umlaufbeschlüsse) mit Angabe von Ort und Datum der Verkündung und
  • der Urteilsformeln der gerichtlichen Entscheidungen in einem Rechtsstreit gemäß § 43 WEG mit Angabe ihres Datums, des Gerichts und der Parteien

Eintragungen sind neben den Vermerken und Löschungen in die Beschluss-Sammlung vom Verwalter „unverzüglich“ vorzunehmen, § 24 Abs. 7 Satz 7 WEG, also innerhalb von fünf Werktagen bis zu einer Woche (etwa Landgericht (LG) Berlin, Urteil vom 07.10.2009, Az.: 85 S 101/08). Ferner sind diese Angaben mit dem Datum der Eintragung zu versehen. Weiterhin muss der Verwalter die Beschlüsse und Gerichtsentscheidungen in der Beschluss-Sammlung fortlaufend eintragen und nummerieren, § § 24 Abs. 7 Satz 3 WEG.

Geführt werden kann die Beschluss-Sammlung in Papierform oder elektronisch als Datei. Beide Formen dürfen auch gleichzeitig gewählt werden.

Wie die Beschluss-Sammlung genau geführt werden muss und worauf dabei zu achten ist, können Sie hier nachlesen: https://www.hausverwalter-angebote.de/blog/anforderungen-beschluss-sammlung/

2. Keine oder fehlerhafte Beschluss-Sammlung: So wird der Verwalter abberufen

Führt der Verwalter die Beschlusssammlung nicht oder nicht ordnungsgemäß, ist das regelmäßig ein wichtiger Grund für seine vorzeitige Abberufung aus dem Verwalteramt, § 26 Abs. 1 Satz 4 WEG. Für Wohnungseigentümer stellen sich damit die Fragen, wann „regelmäßig“ ein wichtiger Grund für die Abberufung gegeben ist und wie die Abberufung erfolgen kann.

2.1. Wann der wichtige Grund für die Abberufung vorliegt – und wann nicht

„Regelmäßig“ bedeutet, dass zwar meistens, aber nicht immer ein wichtiger Grund für eine vorzeitige Abberufung des Verwalters bei einer nicht ordnungsgemäßen Führung der Beschluss-Sammlung vorliegt. Dementsprechend müssen die Fehler des Verwalters von einigem Gewicht sein. Das ist dann gegeben, wenn der Verwalter überhaupt keine Beschluss-Sammlung führt oder mehrere Fehler bei der Führung der Sammlung begeht, wobei bereits zwei Fehler ausreichen.

Daher ist  – ohne dass es einer vorherigen Abmahnung des Verwalters bedarf – seine vorzeitige Abberufung gerechtfertigt, wenn etwa

  • Abstimmungsergebnisse mehrfach falsch in der Beschluss-Sammlung wiedergegeben wurden (Landgericht (LG) Hamburg, Beschluss vom 13.11.2013, Az.: 318 S 23/13)
  • Beschlussanfechtungen nicht aufgenommen wurden (Amtsgericht (AG) Wiesbaden, Urteil vom 07.10.2011, Az.: 07.10.2011, Az.: 92 C 2445/11 (81))
  • zwei Beschlussinhalte vorsätzlich weggelassen wurden (LG Berlin, Urteil vom 02.10.2015, Az.: 55 S 206/14)
  • die Beschluss-Sammlung mangelhaft geführt wurde und Gemeinschaftsgelder auf ein Treuhandkonto (anstatt auf einem WEG-Eigenkonto bzw. offenem Fremdgeldkonto) angelegt wurden (LG Frankfurt am Main, Urteil vom 20.09.2017, Az.: 2-13 S 9/15)

Liegen mehrere schwerwiegende Fehler in der Beschluss-Sammlung vor und korrigiert der Verwalter diese, bestätigt er damit die Fehler. Daher reicht hier die Korrektur nicht aus, um den wichtigen Grund für eine vorzeitige Abberufung entfallen zu lassen (AG Aachen, Urteil vom 29.02.2012, Az.: 119 53/11).

Zwar führt nicht jeder Verstoß dazu, dass ein einzelner Eigentümer die Abberufung des Verwalters gegen den mehrheitlichen Willen erreichen kann. Vielmehr besteht ein Beurteilungsspielraum aller Eigentümer, der lediglich dann eingeschränkt ist, wenn nur noch eine Abberufung aufgrund des Verwalterhandelns in Betracht kommt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 10.02.2012, Az.: V ZR 105/11). Wird jedoch die Beschluss-Sammlung nicht oder nicht ordnungsgemäß (mindestens zwei Fehler) geführt und spricht sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer gegen eine Abberufung des Verwalters aus, spielt letzteres keine Rolle. Der Verwalter ist trotzdem abzuberufen, weil seine weitere Verwaltertätigkeit gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung verstößt. Geht also ein Eigentümer mittels Anfechtungsklage gegen den Negativbeschluss der übrigen Eigentümer vor, wonach der Verwalter trotz ordnungswidriger Führung der Beschluss-Sammlung nicht abberufen wird, spricht das Gericht die von dem anfechtenden Eigentümer beantragte Abberufung des Verwalters selbst durch Beschluss aus (so etwa AG Wiesbaden, Urteil vom 07.10.2011, Az.: 07.10.2011, Az.: 92 C 2445/11 (81)).

Umgekehrt reichen etwa folgende Sachverhalte bei der Führung der Beschluss-Sammlung für eine Abberufung des Verwalters nicht:

  • Ein einzelner kleiner Verstoß wie beispielsweise die einmalig vergessene Eintragung einer Anfechtung in die Beschlusssammlung bei einer ansonsten tadellosen Verwaltung, da dies unverhältnismäßig ist (LG Berlin, Urteil vom 07.10.2009, Az.: 85 S 101/08 WEG)
  • Fehlende Eintragung eines Berufungsurteils, wobei der Verwalter an dem Verfahren nicht teilgenommen hat und von dem Urteil keine Kenntnis hatte (AG München, Urteil vom 17.12.2015, Az.: 484 C 6219/15 WEG)

Demnach rechtfertigen Bagatellen oder offensichtlich erkennbare und leicht zu berichtigende Schreibfehler, die die Funktion der Beschluss-Sammlung zur zuverlässigen Information über die von der Eigentümerversammlung gefassten Beschlüsse nicht beeinträchtigen, keine vorzeitige Abberufung des Verwalters. Gegebenenfalls ist der Verwalter aber abzumahnen, so dass im Wiederholungsfall an eine Abberufung zu denken ist.

Der Abberufungsgrund der nicht ordnungsgemäßen Führung der Beschluss-Sammlung kommt auch in Betracht, wenn der die Eintragungen nicht durch den Verwalter selber, sondern von seinen Mitarbeitern vorgenommen werden. Für ordnungsgemäße Eintragungen hat der Verwalter aus dem Gesichtspunkt des Organisationsverschuldens einzustehen. Der Verwalter muss daher seine Mitarbeiter überwachen und die korrekte Führung der Beschluss-Sammlung sicherzustellen.

2.2. Wie die Abberufung in die Wege zu leiten ist

Möchte ein Eigentümer die Abberufung des Verwalters wegen fehlender oder nicht ordnungsgemäßer Führung der Beschluss-Sammlung in die Wege leiten, benötigt er dazu einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer. Dazu kann er wie folgt vorgehen:

2.2.1. Ordentliche Eigentümerversammlung

Steht eine ordentliche Eigentümerversammlung an, muss der die Abberufung begehrende Eigentümer zunächst beim Verwalter beantragen, dass ein entsprechender Tagesordnungspunkt (TOP) in die Tagesordnung zur Eigentümerversammlung aufgenommen wird. Ist der Antrag sachlich begründet und rechtzeitig gestellt, muss der Verwalter ihn zur Tagesordnung nehmen (LG München I, Urteil vom 16.05.2011, 1 S 5166/11).

Verweigert der Verwalter die Aufnahme des TOPs, kann sich der Eigentümer an den Beirat wenden oder seinen Anspruch auf Aufnahme des TOPs nach § 43 Nr. 3 WEG vor Gericht einklagen.

Der Beirat darf die Tagesordnung um den verweigerten TOP ergänzen, wenn der Verwalter die Tagesordnung nicht nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung gestaltet (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 18.08.2008, Az.: 20 W 426/05).

Bei der Klage ist das Problem die grundsätzlich einzuhaltende 14-tägige Ladungsfrist für die Anberaumung der ordentlichen Eigentümerversammlung. Bis dahin ist das für eine auf die Aufnahme des TOPs gerichtete Gerichtsverfahren nicht abgeschlossen. Der Erfolg einer entsprechenden einstweiligen Verfügung erscheint fraglich, weil der Eigentümer dringend auf diese angewiesen sein muss, um ihm drohende unverhältnismäßig große oder irreparable Schäden zu vermeiden. Daher sollte der die Abberufung begehrende Eigentümer den Verwalter rechtzeitig vor der Eigentümerversammlung zu einer Mitteilung auffordern, ob dieser den TOP in die Tagesordnung aufnimmt. Reagiert der Verwalter nicht oder lehnt er die Aufnahme ab, hat der Eigentümer ausreichend Zeit für die Klage auf Aufnahme des TOPs.

Auf der Eigentümerversammlung wird über den TOP „Abberufung des Verwalters wegen nicht ordnungsgemäßer Führung der Beschluss-Sammlung“ abgestimmt. Ist die Mehrheit für die Abberufung, wird der Verwalter seines Amtes erhoben. Wird die Abberufung mehrheitlich abgelehnt, bleibt der Verwalter im Amt. Der die Abberufung begehrende Eigentümer kann diesen Negativbeschluss innerhalb eines Monats gerichtlich anfechten, § 46 WEG. Waren die Fehler bei der Führung der Beschluss-Sammlung erheblich, wird das Gericht die von dem anfechtenden Eigentümer beantragte Abberufung des Verwalters selbst durch Beschluss aussprechen.

2.2.2. Außerordentliche Eigentümerversammlung

Soll demnächst eine außerordentliche Eigentümerversammlung stattfinden, kann der die Abberufung begehrende Eigentümer auch hier die Aufnahme eines entsprechenden TOPs beantragen. Dazu gelten sinngemäß die Ausführungen unter 2.2.1. Ordentliche Eigentümerversammlung.

Ist dagegen eine außerordentliche Eigentümerversammlung nicht geplant und wollen mehrere Eigentümer die Abberufung des Verwalters, sollten diese versuchen, sich mit mindestens einem Viertel aller Eigentümer der Gemeinschaft zusammenzuschließen. Denn dann können diese Eigentümer schriftlich und unter Angabe des Zwecks sowie des Grundes die Anberaumung einer außerordentlichen Eigentümerversammlungverlangen, § 24 Abs. 2 WEG, auf der über die Abberufung des Verwalters abgestimmt wird.

Reagiert der Verwalter nicht oder verweigert er pflichtwidrig die Anberaumung der außerordentlichen Eigentümerversammlung, kann diese vom Vorsitzenden des Verwaltungsbeirats oder dessen Vertreter einberufen werden, § 24 Abs. 3 WEG. Der Verwalter braucht weder an der Versammlung teilnehmen noch muss er dazu eingeladen werden.

Ist kein Beirat vorhanden oder verweigert dieser seinerseits die Anberaumung der Versammlung, kann einer der Wohnungseigentümer bei Gericht beantragen, dass er zur Einberufung der Eigentümerversammlung bevollmächtigt wird.

Findet die außerordentliche Eigentümerversammlung statt, kann der Verwalter mehrheitlich abberufen werden. Stimmt die Mehrheit der Eigentümer gegen die Abberufung, kann der die Abberufung begehrende Eigentümer auch hier diesen Negativbeschluss innerhalb eines Monats gerichtlichanfechten, § 46 WEG.

2.2.3. Umlaufverfahren

Schließlich kann der die Abberufung begehrende Eigentümer auch ein sogenanntes Umlaufverfahren initiieren, indem ein Beschluss nicht in der Eigentümerversammlung, sondern im schriftlichen Verfahren herbeigeführt wird (sogenannter Umlaufbeschluss). Dazu sind in einem Schriftstück nicht nur die TOPs, sondern auch die zugehörigen Beschlussanträge aufzunehmen. Der Beschluss kommt aber nur zustande, wenn alle im Grundbuch eingetragenen Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu dem jeweiligen Beschlussantrag schriftlich erklären (sogenannte Allstimmigkeit), vgl. § 23 Abs. 3 WEG. Enthält sich ein Eigentümer der Stimme oder stimmt gegen die Beschlussanträge, ist das Umlaufverfahren gescheitert.

Einzelheiten zum Umlaufverfahren können Sie hier nachlesen: https://www.hausverwalter-angebote.de/blog/weg-verwaltung-umlaufbeschluss-abwaehlen/

Soll der Verwalter aus wichtigem Grund abberufen werden, ist nicht nur über die vorzeitige Abberufung des Verwalters, sondern auch über die außerordentliche fristlose Kündigung des Verwaltervertrags zu beschließen. Nach der sogenannten Trennungstheorie handelt es sich bei der Abberufung des Verwalters und der Kündigung des Verwaltervertrags um jeweils eigenständige Rechtsakte.

3. Fehler in der Beschluss-Sammlung: Berichtigungsanspruch

Wurde die Beschluss-Sammlung nicht ordnungsgemäß geführt und enthält sie Fehler, kann der einzelne Wohnungseigentümer vom Verwalter Berichtigung verlangen. Der Berichtigungsanspruch ergibt sich aus §§ 24 Abs. 7, 8, 27 WEG in Verbindung mit dem Verwaltervertrag. Diesen Anspruch kann der Eigentümer auch mittels Klage bei Gericht durchsetzen. Hat inzwischen ein Verwalterwechsel stattgefunden und handelt es sich um Eintragungen aus der Amtszeit des ausgeschiedenen Verwalters, ist der Berichtigungsanspruch gegen den früheren Verwalter geltend zu machen (AG Berlin-Schöneberg, Urteil vom 09.01.2014, Az.: 772 C 24/13).

4. Schadensersatzanspruch wegen Fehler in der Beschluss-Sammlung möglich

Entsteht wegen der nicht ordnungsgemäßen Beschluss-Sammlung ein konkreter wirtschaftlicher Schaden, etwa weil ein Eigentümer sich auf die Eintragungen verlassen hat und sich aus anderen Unterlagen (etwa Protokolle der Eigentümerversammlungen, Gerichtsurteile) nichts anderes ergeben hat, ist der Verwalter dafür schadensersatzpflichtig. In der Praxis ist es jedoch äußerst schwierig, den Schaden nachzuweisen und konkret zu beziffern.


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