WEG kann sich nicht auf Verwalter einigen – was jetzt?

WEG kann sich nicht auf Verwalter einigen – was jetzt?

Manchmal besteht das Problem, dass sich die Wohnungseigentümer einer verwalterlosen Eigentümergemeinschaft nicht auf einen Verwalter einigen können. Davon sind zwei Fälle umfasst. Zum einen ist es denkbar, dass – speziell bei kleineren Gemeinschaften – ein Teil der Eigentümer keinen Verwalter will. Zum anderen kommt es vor, dass die Eigentümer zwar darin übereinstimmen, dass ein Verwalter bestellt werden soll. Allerdings können sie sich nicht auf einen bestimmten Verwalter einigen. Wie in diesen beiden Fällen zu verfahren ist und was jetzt sofort unternommen werden kann, erfahren Sie in diesem Artikel.

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1. Jeder Eigentümer hat Anspruch auf einen Verwalter

Ist bei einer Wohnungseigentümergemeinschaft kein Verwalter bestellt, vertreten die Wohnungseigentümer die Gemeinschaft als Gesamtvertreter, § 9b Abs. 1 Satz 2 Wohnungseigentumsgesetz (WEG). Das bedeutet, dass jeder Eigentümer an Maßnahmen für die Eigentümergemeinschaft mitwirken muss. Alle Eigentümer haben also tätig zu werden, wenn auch nicht gleichzeitig.

Umgekehrt ist jeder einzelne Wohnungseigentümer für Willenserklärungen und Zustellungen gegenüber der Eigentümergemeinschaft empfangsberechtigt (Amtsgericht (AG) Wiesloch, Urteil vom 25.03.2011, Az.: 5 C 4/11 WEG).

Die Verpflichtungen, dass alle Eigentümer an Maßnahmen für die Gemeinschaft mitwirken müssen sowie ein einzelner Eigentümer alle übrigen Eigentümer über Willenserklärungen und Zustellungen an die Gemeinschaft informieren muss, lassen sich in der Praxis nur umständlichhandhaben. Daher entspricht die Bestellung eines Verwalters stets den Grundsätzen ordnungsmäßiger Verwaltung. Auf ordnungsgemäße Verwaltung wiederum hat jeder Wohnungseigentümer einen Anspruch, § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG. Damit hat jeder einzelne Eigentümer das Recht, die Bestellung eines Verwalters zu verlangen.

Der Anspruch eines jeden Eigentümers auf ordnungsmäßige Verwaltung unterfällt nicht der Verjährung (Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 27.04.2012, Az.: V ZR 177/11). Auch eine Verwirkung ist ausge-schlossen (AG Delbrück, Urteil vom 25.10.2019, Az.: 2 C 283/18). Damit besteht auch bei einer beispiels-weise seit über 20 Jahren selbst verwalteten Gemeinschaft der Anspruch auf Bestellung eines externen Verwalters (Landgericht (LG) Hamburg, Urteil vom 23.05.2012, Az.: 318 S 198/11).

2. Eigentümerversammlung: Boykott der Verwalterbestellung durch Fernbleiben nicht mehr möglich

Infolge der am 01.12.2020 in Kraft getretenen WEG-Reform spielt es nun für die Beschlussfähigkeit der Eigentümerversammlung keine Rolle mehr, ob die anwesenden und vertretenen stimmberechtigten Wohnungseigentümer mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile halten. Maßgeblich ist jetzt die Mehrheit der abgegebenen Stimmen, § 25 Abs. 1 WEG. Damit ist selbst der Beschluss einer „Ein-Mann-Versammlung“gültig und kann nicht wegen fehlender Beschlussfähigkeit angefochten werden.

Folge daraus ist, dass Teile der Wohnungseigentümer nicht mehr – wie vor der Reform – den Beschluss über die Bestellung eines Verwalters dadurch boykottieren können, dass sie der Eigentümerversammlung fernbleiben oder diese beim Tagesordnungspunkt (TOP) über die Verwalterbestellung verlassen, damit der Versammlung die Beschlussfähigkeit fehlt. Vielmehr müssen die Eigentümer nun damit rechnen, dass bei ihrem Nichterscheinen zum entsprechenden TOP ein Verwalter bzw. ein ihnen unliebsamer Verwalter bestellt wird.

3. Keine Einigung: Beschlussersetzungsklage als letztes Mittel

Seinen Anspruch auf ordnungsmäßige Verwaltung nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG und damit die Bestellung eines Verwalters kann jeder Wohnungseigentümer notfalls gerichtlich durchsetzen. Das gilt grundsätzlich auch in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die nur aus zwei Parteien besteht (LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.03.2017, Az.: 2-13 S 4/17).

Gerichtlich durchsetzen setzt sich der Anspruch mittels einer Beschlussersetzungsklage nach § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG. Das Gericht selbst fasst dann den Beschluss, wodurch die notwendige Beschlussfassung der Eigentümer ersetzt wird. Erforderlich ist allerdings, dass der die Verwalterbestellung wünschende Wohnungseigentümer zuvor versucht hat, die übrigen Eigentümer zu einer solchen Beschlussfassung zu bewegen. Andernfalls fehlt dem betreffenden Wohnungseigentümer das für eine Beschlussersetzungsklage notwendige Rechtsschutzbedürfnis.

Hat der Versuch des eine Verwalterbestellung begehrenden Wohnungseigentümer ergeben, dass die übrigen Eigentümer zum Teil keinen Verwalter wollen oder sich auf einen bestimmten Verwalter nicht einigen können, bleibt dem Wohnungseigentümer für die Durchsetzung seines Begehrens als letztes Mittel (Ultima Ratio) die Beschlussersetzungsklage.

Diese Klage bietet zwei Möglichkeiten: Der klagende Wohnungseigentümer beantragt im Wege der Beschlussersetzung die gerichtliche

  • Ermächtigung zur Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung zwecks Bestellung eines Verwalters
  • Bestellung eines Verwalters

Ist die gerichtliche Verwalterbestellung dringend, kann diese auch mittels einer einstweiligen Verfügung beantragt werden.

3.1. Gerichtliche Einberufungsermächtigung zur Eigentümerversammlung

Eine aufgrund der WEG-Reform eingeführte Neuerung ist, dass Wohnungseigentümer aus ihrem Kreis einen Eigentümer zur Einberufung von Eigentümerversammlungen durch Beschluss ermächtigen können, § 24 Abs. 3 WEG. Das spielt vor allem dann eine Rolle, wenn weder ein Verwalter noch ein Verwaltungsbeirat bestellt sind.

Der Beschluss über die Einberufungsermächtigung eines Eigentümers kann jederzeit gefasst werden, sofern der zu ermächtigende Eigentümer damit einverstanden ist und keine Gründe gegen ihn wie etwa völlige Unzuverlässigkeit sprechen.

Kommt die Einberufung einer Eigentümerversammlung zwecks Bestellung eines Verwalters nicht zustande und existiert kein einberufungsermächtigter Eigentümer, kann jeder Wohnungseigentümer eben gerade diese Einberufungsermächtigung für seine Person mit der Beschlussersetzungsklage beantragen.

Das für die Klage erforderliche Rechtsschutzbedürfnis des beantragenden Wohnungseigentümers setzt voraus, dass sich die übrigen Eigentümer zuvor damit befasst haben, dass der betreffende Wohnungseigentümer zur Versammlungseinberufung ermächtigt werden möchte. Dazu kann der Wohnungseigentümer zum einen alle übrigen Eigentümer anschreiben oder anrufen und auf diese Weise eine Vollversammlung initiieren, zu deren Durchführung sich die Eigentümer allseits verabreden. Die Eigentümer müssen dann in der Versammlung erklären, dass sie auf dieEinberufungsformalitäten nach § 24 WEG (Einladung in Textform unter Angabe der Tagesordnungspunkte) verzichten und rechtsgültige Beschlüsse fassen wollen, was vom dort gewählten Versammlungsleiter in der Niederschrift (Protokoll) über die Versammlung aufzunehmen ist.

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Zum anderen hat der betreffende Wohnungseigentümer die Möglichkeit, durch ein Rundschreiben an die übrigen Eigentümer deren Einverständnis zur Einberufung der Versammlung einzuholen und auf diese Weise sich im schriftlichen Umlaufverfahren nach § 23 Abs. 3 WEG ermächtigen zu lassen. Zu diesem Umlaufbeschluss ist aber die Zustimmung aller im Grundbuch eingetragenen Eigentümer erforderlich (sogenannte Allstimmigkeit).

Ist beides erfolglos, ist das für die Beschlussersetzungsklage erforderliche Rechtschutzbedürfnis gegeben. Wird der Wohnungseigentümer anschließend vom Gericht zu Einberufung einer Eigentümerversammlung zwecks Bestellung eines Verwalters ermächtigt, kann auf der Versammlung darüber beschlossen werden.

3.2. Gerichtliche Bestellung eines Verwalters

Typisch für die gerichtliche Bestellung eines Verwalters ist der Fall, in dem eine kleine, zuvor unter Selbstverwaltung stehende und nun zerstrittene Eigentümergemeinschaft sich weder über die Notwenigkeit einer Verwalterbestellung noch über die Person des Verwalters einigen kann. Aber auch die Konstellation, in der aufgrund einer Patt-Situation bei der Abstimmung über die Person des Verwalters kein Weiterkommen möglich ist, gehört dazu.

3.2.1. Beschlussersetzungsklage

Auch hier ist für die Beschlussersetzungsklage ein Rechtsschutzbedürfnis erforderlich. Dazu muss der betreffende Wohnungseigentümer versuchen, die übrigen Eigentümer zu einer Verwalterbestellung zu bewegen. Ergibt nachweislich ein vom Wohnungseigentümer eingeleitetes Umlaufverfahren, eine Patt-Situation in der Eigentümerversammlung oder eine aufgrund der Zerstrittenheit nicht mögliche Kommunikation, dass die übrigen Eigentümer keinen Verwalter wollen oder zur Einigung auf einen bestimmten Verwalter nicht bereit sind, ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben.

Bei der Beschlussersetzungsklage ist zu beachten, dass das Gericht lediglich dann einen Verwalter bestellen kann, wenn ihm die dafür notwendigen Tatsachen vorliegen. Nur dann ist das Gericht imstande, die für eine Verwalterbestellung erforderliche Ermessensentscheidung zu treffen. Der Wohnungseigentümer hat daher in seiner Klage dem Gericht

  • mindestens drei geeignete Hausverwaltungen vorzuschlagen
  • die jeweiligen Konditionen der Verwalterverträge darzulegen
  • die Bereitschaft des Verwalters zur Übernahme des Verwalteramts nachzuweisen

(LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 07.11.2019, Az.: 2-13 T 82/19; LG Dortmund, Urteil vom 10.11.2015, Az.: 1 S 308/15).

Im Übrigen hat der vom Gericht bestellte Verwalter dieselben Aufgaben wie ein von den Eigentümern eingesetzter Verwalter.

3.2.2. Einstweilige Verfügung

Im vorläufigen Rechtsschutzverfahren sind die besonderen Voraussetzungen für einen Antrag auf einstweilige Verfügung zu beachten. So reicht der bloße verwalterlose Zustand einer Eigentümergemeinschaft nicht dafür aus, mittels einer einstweiligen Verfügung die gerichtliche Verwalterbestellung zu rechtfertigen (LG Berlin, Beschluss vom 31.01.2012, Az.: 85 T 31/12 WEG). Erforderlich sind vielmehr ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund.

Der Verfügungsanspruch ergibt sich bereits daraus, dass jeder Wohnungseigentümer nach § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG einen Anspruch auf ordnungsgemäße Verwaltung und damit auf Bestellung eines Verwalters hat. Demgegenüber setzt der Verfügungsgrund die besondere Eilbedürftigkeit der Verwalterbestellung voraus. Der antragstellende Eigentümer muss dringend auf die sofortige Bestellung eines Verwalters angewiesen sein, da sonst erhebliche Nachteile drohen, wie etwa Vollstreckungen und Versorgungssperren aufgrund nicht gezahlter Rechnungen an Versorger, nicht erstellten Abrechnungen und nicht eingezogener Hausgelder (LG Köln, Urteil vom 01.07.2010, Az.: 29 S 208/09).

Daneben spielt für die Eilbedürftigkeit der einstweiligen Verfügung auch die Größe der Eigentümergemeinschaft eine Rolle. Gerade in größeren Wohnlagen kann die sofortige Verwalterbestellung „dringender“ erforderlich sein als in kleineren Anlagen (AG Landsberg am Lech, Beschluss vom 19.12.2008, Az.: 1 C 1225/08).

Existiert kein Verfügungsgrund für eine sofortige Verwalterbestellung und ist die Eigentümergemeinschaft möglicherweise sogar bereits längere Zeit verwalterlos, sollte lediglich eine Beschlussersetzungsklage, gerichtet auf die Bestellung eines Verwalters, erhoben werden. Entsteht allerdings während des anhängigen Gerichtsverfahrens eine besondere Eilbedürftigkeit für die Verwalterbestellung und damit ein Verfügungsgrund, kann auch während des Gerichtsverfahrens eine einstweilige Verfügung auf gerichtliche Bestellung eines Verwalters beantragt werden (BGH. Urteil vom 10.06.2011, Az.: V ZR 146/10).

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