Entlastung des Verwaltungsbeirats – ja oder nein?

Entlastung des Verwaltungsbeirats – ja oder nein?

In vielen Wohnungseigentümergemeinschaften ist es bei der jährlichen ordentlichen Eigentümerversammlung

üblich geworden, über die Entlastung des Verwaltungsbeirats zu beschließen. Dabei stellt sich zunächst die Frage, welche Aufgaben der Beirat hat, für die er entlastet werden kann. Zudem haftet der Beirat nach § 29 Abs. 3 Wohnungseigentumsgesetz (WEG) bei einer unentgeltlichen Tätigkeit nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit. Das wirft insbesondere die weitere Frage auf, wie der Begriff der groben Fahrlässigkeiteinzugrenzen ist. Die Antworten darauf und ob eine Entlastung des Beirats sinnvoll ist, erfahren Sie in diesem Artikel.

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1. Diese Aufgaben hat der Verwaltungsbeirat – und hier ist eine Haftung möglich

Der Beirat hat neben seiner Funktion als Bindeglied zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter folgende Aufgaben:

  • Prüfung des Wirtschaftsplans und der Jahresrechnung einschließlich einer Stellungnahme dazu, 29 Abs. 2 Satz 2 WEG
  • Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung, sofern ein Verwalter fehlt oder die Einberufung pflichtwidrig verweigert, § 24 Abs. 3 WEG
  • Unterzeichnung der Niederschriften über die Versammlungen (Versammlungsprotokolle), § 24 Abs. 6 Satz 2 WEG
  • Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter, § 9b Abs. 2 WEG
  • Unterstützung und Überwachung des Verwalters bei dessen Aufgaben, § 29 Abs. 2 Satz 1 WEG

Demzufolge kommt eine Haftung des Beirats etwa bei den folgenden schuldhaften Pflichtverletzungen in Betracht, die zu einem Schaden der Eigentümergemeinschaft geführt haben, der vom Beirat durch die Pflichtverletzung verursacht wurde:

  • Fehlerhafte Prüfung des Wirtschaftsplans
  • Fehlerhafte Prüfung der Jahresabrechnung
  • Überschreitung der Kompetenzen, etwa durch die Einberufung einer Wohnungseigentümerversammlung, obwohl der Verwalter das nicht verweigert hat
  • Fehler beim Abschluss des Verwaltervertrags als Vertreter der Eigentümergemeinschaft

Die Überwachung des Verwalters wurde – neben der Vertretung der Eigentümergemeinschaft gegenüber dem Verwalter – als neue Aufgabe des Beirats durch die am 01.12.2020 in Kraft getretene WEG-Reform vom Gesetzgeber festgelegt. Da dem Beirat dadurch keine Verwalterkompetenzen erhält, kann sich die Überwachung des Verwalters überwiegend nur auf Auskunftsansprüche des Beirats gegenüber dem Verwalter beschränken.

Problematisch ist allerdings die Formulierung der Bestimmung, den Verwalter zu „überwachen“. Denn es besteht nicht nur die Gefahr, dass sich Beiräte gegenüber dem Verwalter Kompetenzen anmaßen, die ihnen nicht zustehen. Vielmehr kann es den Beiräten auch passieren, dass ihnen bei Pflichtverletzungen des Verwalters vorgeworfen wird, sie hätten den Verwalter nicht oder nicht ausreichend überwacht, obwohl ihnen solche „Überwachungskompetenzen“ nicht zustehen.

2. Unentgeltliche Tätigkeit: Haftung nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit

Verwaltungsbeiräte handeln regelmäßig ehrenamtlich, also unentgeltlich. Ihre Haftung wird in diesem Fall daher auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt, § 29 Abs. 3 WEG. Diese Haftungsbeschränkung wurde ebenfalls durch die WEG-Reform eingeführt. Während der Vorsatz „Wissen und Wollen“ voraussetzt, stellt die Fahrlässigkeit nach § 276 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt dar. Grob ist dabei die Verletzung der erforderlichen Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße.

Demgegenüber ist die Haftung zumindest für die Sorgfalt ausgeschlossen, die in eigenen Angelegenheiten verwendet wird (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Beschluss vom 24.09.1997, Az.: Wx 221/97). Die Beiräte haften daher nicht für Tätigkeiten im Rahmen ihres Amtes, bei denen sie die Sorgfalt wie in eigenen Angelegenheiten walten lassen, also einfache Fahrlässigkeit vorliegt.

Erhält der Beirat einen Ersatz für konkrete Aufwendungen oder eine angemessene Aufwandspauschale für seine Sachaufwendungen, ändert das nichts am Charakter der Unentgeltlichkeit.

3. Das bedeutet die „Entlastung des Verwaltungsbeirats“

Die Entlastung des Verwaltungsbeirats ist von der Rechtsprechung anerkannt (Bundesgerichtshof (BGH), Urteile vom 04.12.2009, Az.: V ZR 44/09; vom 09.07.2010, Az.: V ZR 202/09). Einen Anspruch auf Entlastung hat der Beirat allerdings nur, wenn das vereinbart ist. Ist das nicht der Fall, kann er keine Entlastung verlangen.

Mit der Entlastung bringen die Wohnungseigentümer zum Ausdruck, dass sie die Tätigkeit des Verwaltungsbeirats in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht für den im Entlastungsbeschluss genannten Zeitraum billigen. Die Entlastung ist rechtlich als ein negatives Schuldanerkenntnis gegenüber dem Verwaltungsbeirat nach § 397 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu bewerten, wonach die Eigentümer keine Schadenersatzansprüche und andere konkurrierende Ansprüche gegen den Verwaltungsbeirat geltend machen. Zudem kann der Beirat nicht aus Gründen von seinem Amt abberufen werden, auf die sich die Entlastung erstreckt.

Eine Entlastung für Straftaten des Beirats, die gegen die Eigentümergemeinschaft gerichtet sind, ist allerdings ausgeschlossen, ebenso eine Entlastung für zukünftige Tätigkeiten des Beirats.

Die Entlastung des Beirats widerspricht jedoch einer ordnungsgemäßen Verwaltung, wenn gegen den Beirat Ansprüche in Betracht kommenund kein Grund ersichtlich ist, auf diese Ansprüche zu verzichten (Landgericht (LG) Frankfurt am Main, Urteil vom 02.09.2019, Az.: 2-09 S 51/18). Insbesondere ist das der Fall, wenn die vom Beirat geprüfte Abrechnung fehlerhaft ist und geändert werden muss (BGH, Urteil vom 04.12.2009, Az.: V ZR 44/09).

Die Instanzgerichte haben das insoweit präzisiert, dass der Beirat für strukturelle Mängel der Abrechnung nicht der Mithaftung unterliegt, wenn er nur die rechnerische Richtigkeit der Abrechnung prüfen muss. Mit einer darüber hinaus gehenden Prüfung wäre der Beirat mangels einschlägiger Kenntnisse des Wohnungseigentumsrechts und fehlender juristischer Vorbildung überfordert (LG Düsseldorf, Urteil vom 02.10.2013, Az.: 25 S 53/13; Amtsgericht (AG) Wismar, Urteil vom 08.07.2019, Az.: 8 C 210/18 WEG). Die Entlastung verstößt also nicht gegen ordnungsgemäße Verwaltung. Nimmt jedoch der Beirat maßgeblichen Einfluss auf rechtswidrige Positionen in der Jahresabrechnung gegen den Vorschlag des Verwalters, muss die Entlastung des Beirats eingeschränkt werden (LG Rostock, Urteil vom 23.01.2015, Az.: 1 S 24/14).

Wurde also die Entlastung des Beirats beschlossen und widerspricht das dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, kann der Entlastungsbeschluss angefochten werden.

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4. Ist eine Entlastung des Verwaltungsbeirats sinnvoll oder nicht?

In Eigentümergemeinschaften ist es nicht immer einfach, Wohnungseigentümer für das Amt des Beirats zu finden. Wer schon ehrenamtlich tätig ist, hat wenig Lust, für einfach fahrlässiges Handeln oder Unterlassen in die Haftung zu geraten. Dazu kommt das Risiko, sich die mangelnde Überwachung des Verwalters für dessen Pflichtverletzungen vorwerfen zu lassen und sich dagegen verteidigen zu müssen. Hier hat der Gesetzgeber die Beiräte in Schutz genommen, in dem er für diese mit der WEG-Reform eine Haftungsbeschränkung auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit eingeführt hat.

Ansonsten sollte für die Beiratsmitglieder auf Kosten der Eigentümergemeinschaft eine Vermögenshaftpflichtversicherung abgeschlossen werden, die sämtliche – auch gegebenenfalls über die gesetzlichen Aufgaben hinausgehenden – Tätigkeiten des Beirats abdeckt. Diese Versicherungen bieten regelmäßig auch Rechtsschutz in der Form, dass unbegründete Regressansprüche abgewehrt werden, womit der Beirat auch gegen den Vorwurf der mangelnden Verwalterüberwachung geschützt ist.

Aufgrund dieses umfangreichen Schutzes ist eine Entlastung des Beirats nicht unbedingt erforderlich. Über die Entlastung sollte allerdings beschlossen werden, wenn auch ein Beschluss über die Entlastung des Verwalters gefasst wird. Diese Beschlüsse sollten jeweils unter verschiedenen Tagesordnungspunkten gefasst werden.

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